Martins-Gans, die

[88] Die Martins-Gans, plur. die -Gänse. 1) Eine Zinsgans, welche in einigen Gegenden am Martins-Tage dem Grundherren zur Erkenntniß seines Grundeigenthumes gegeben werden muß. 2) Eine gebratene Gans, welche man am Martins-Abende, oder doch um die Zeit des Martins-Tages mit guten Freunden unter allerley Lustbarkeiten zu verzehren pflegt. Figürlich auch wohl der Martins-Schmaus, oder derjenige Schmaus, von welchem diese Gans ein Theil ist, die Martins-Gans genannt. So fern bey einigen Handwerkern um diese Zeit die Gesellen anfangen, bey Lichte zu arbeiten, wird sie bey ihnen auch die Lichtgans genannt. Die Gewohnheit, um diese Zeit gebratene Gänse mit allerley Feyerlichkeiten zu essen, ist sehr alt; vielleicht ist sie bloß in dem Umstande gegründet, weil sie um diese Zeit am besten sind, und die Mährchen, welche man von dem Verkehr des heil. Martini mit den Gänsen erzählet, sind vermuthlich erst zum Behufe dieser Gewohnheit erdacht worden.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 88.
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