Ost, der

[624] Der Ōst, des -es, plur. inus. 1) Diejenige Himmelsgegend, wo die Sonne aufgehet oder doch aufzugehen scheinet, Morgen; wofür doch das folgende Nebenwort osten üblicher ist. Zuweilen wird es auch für das folgende osten ohne Artikel gebraucht. Die Gewitter aus Ost sind oft gefährlich. 2) Ein aus dieser Gegend kommender Wind, besonders in der höhern Schreibart, für Ostwind.

Anm. Im Nieders. Oost, im Angels. East, im Engl. East, im Pohlnischen Wschod. Der gemeinen Sage nach rühret dieses Wort, so wie die übrigen Nahmen der Himmelsgegenden, von Carln dem Großen her. Ohne Zweifel hat er dieselben nicht so wohl erfunden, als nur feyerlich bestätiget, weil alle diese Wörter das Gepräge eines sehr hohen Alterthumes an sich haben. Wachter ließ es von dem Gothischen ustandan, aufstehen, aufgehen,[624] abstammen; allein die Zusammenziehung würde alsdann zu ungewöhnlich seyn. Über dieß kommt dieses Wort von dem Aufgehen der Sonne im Gothischen nicht vor, wo diese Himmelsgegend Vrruns heißt. Frisch findet dagegen viele Ähnlichkeit zwischen diesem Worte und dem Griech. ƞως, die Morgenröthe, und Ihre mit ἑως, Morgen. Da indessen die übrigen Nahmen der Himmelsgegenden die Eigenschaften der daher kommenden Winde ausdrucken, wie Nord das Brausende und Stürmische, West das sanft Wehende, und Süd das Heiße dieser Winde, so kann auch Ost die scharfe, beißende Eigenschaft des Ostwindes bezeichnen, und alsdann zu heiß, so fern es überhaupt scharf bedeutet, zu Aestus u.s.f. gehören. S. Ostern.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 624-625.
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