Ost-Preußen

[501] Ost-Preußen, 1) seit 1772 einer von den zwei Haupttheilen des Königreichs Preußen; begriff Samland, Natangen, Oberland u. preußisch Lithauen u. bildete die zwei Kammerdepartements Königsberg u. Gumbinnen, doch wurde ein Theil des Oberlandes zu Westpreußen u. dagegen Ermeland zu O. genommen; 2) der östliche Haupttheil der preußischen Provinz Preußen u. zugleich der östlichste Theil des Preußischen Staates, grenzt an die Ostsee, Rußland, Polen, Westpreußen; 706,34 QM. mit (1858) 1,608,842 Einw. (darunter 1,397,753 Evangelische, 199,500 Katholiken, 979 Mennoniten, 9989 Juden etc.); ist eine Ebene mit einigen Anhöhen u. Sandbergen (höchster der Galtgarben) u. längs der flachen Küste mit Sanddünen. Der Boden ist bes. in den Niederungen fruchtbar,[501] sonst aber mit großen Flächen unfruchtbaren Sand- u. Felsbodens bedeckt, an der Küste sind das Kurische u. Frische Haff. Flüsse: Memel mit der Jura, Minge u. Dange, der Szezuppe, der Nemonin, die Passarge u. der Pregel mit der Inster u. Alle; Kanäle: die neue Gilge, der große u. kleine Friedrichsgraben, die neue Dieme u. der Johannisburgische Kanal; Landseen im Süden sehr zahlreich, Löwentin, Spirding, Mauer- od. Angerburgischer See, das Rheinische u. Talter Gewässer, der Warschau, der Drewenz etc. Producte: bes. Getreide u. Hülsenfrüchte, Flachs, etwas Tabak, Obst; hat viel Wald (Johannisburger Haide, 12 Ml. lang), Pferde (bes. in dem lithauischen Theile der Provinz, Hauptgestüt in Trakehnen, Marställe in Insterburg u. Gudwallen), Rindvieh-, Schweine-, Gänse-, Bienenzucht, Fischerei, Torf, Bernstein. Die Einw. sind Deutsche, Polen u. Lithauer u. wenige Kuren u. Juden. Die Industrie liefert Leinengarn, Leinwand u. Holzwaaren, welche die wichtigsten Ausfuhrartikel der Provinz sind; den Seehandel begünstigen einige gute Häfen u. Rheden, den Landhandel die schiffbaren Flüsse, Kanäle u. die preußischen Ostbahnen (Berlin-Königsberg u. Königsberg-Gumbinnen). Unterrichtsanstalten: die Universität in Königsberg, 8 Gymnasien, 9 höhere Bürger- u. Realschulen, Königliche Provinzialgewerbschule in Königsberg, 7 Schullehrerseminare, das akademische Lyceum Hosianum für katholische Theologen, das bischöfliche u. das Clerikalseminar in Braunsberg, Hebammenschulen in Königsberg u. Gumbinnen, Schifffahrtsschule in Pillau, Taubstummen- u. Blindeninstitut in Königsberg, Königlich deutsche Gesellschaft u. Kunst- u. Gewerbsschule in Königsberg. Eintheilung: O. bildet die zwei Regierungsbezirke Königsberg u. Gumbinnen, deren beide Provinzialregierungen unter dem in Königsberg für Ost- u. Westpreußen errichteten Oberpräsidium stehen. O. hat Stände, welche mit denen in Westpreußen Einen ständischen Verband bilden u. für O. nebst Lithauen aus 60 Mitgliedern bestehen, nämlich 30 aus dem Stande der Ritterschaft, 15 aus den Städten u. 15 aus dem Stande der unter dem ersten Stande nicht begriffenen Kölmer (Besitzer Kölmischer Güter, d.i. solcher, welche nach dem Kulmschen Recht völlig freie Allodialgüter sind) u. Freien u. der bäuerlichen Grundbesitzer. Der Versammlungsort dieses ständischen Verbandes ist Königsberg abwechselnd mit Danzig. Hauptstadt von O. ist Königsberg.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 501-502.
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