Rath (2), der

[948] 2. Der Rath, des -es, plur. die Räthe, ein auch nur noch in einigen Fällen übliches Wort. 1.* Ein körperliches Werkzeug, ein anderes Ding damit zu bereiten oder zu verfertigen; in welchem Verstande es für sich allein im Hochdeutschen veraltet ist, aber noch, obgleich in weiterm Verstande, in unserm Geräth, Gerade, Hausrath und Unrath zum Grunde liegt, wovon die erstern körperliche Hülfsmittel der Bequemlichkeit, das letztere aber deren Gegensatz bezeichnen. Im Schwed. bedeutet Rede noch ein Werkzeug, und das Nieders. Collectivum Reedschup, Reeschup, bedeutet so wohl Werkzeuge als Geräth. 2. In weiterer und figürlicher Bedeutung, die Art und Weise, ingleichen ein Mittel, eine Absicht zu erreichen. 1) Im weitesten Verstande, wo es nur im Singular allein, und auch hier nur ohne Artikel üblich ist. Kommt Zeit, kommt Rath, mit der Zeit wird man schon ein Mittel finden. Ich will schon Rath schaffen, ein Mittel ausfündig machen, die Absicht zu erreichen, oder das Übel wegzuschaffen. Es kann Rath werden, oder dazu kann Rath werden, es wird sich ein Mittel ausfündig machen lassen, es kann möglich gemacht werden. Ich sehe keinen andern Rath, als das Haus zu verkaufen, kein anderes Mittel. Ich weiß wir keinen Rath mehr, weiß kein Mittel mehr. Wo nun Raths? wo finde ich nun ein Mittel? Ich habe alle Möglichkeiten mir zu helfen durchgedacht und verworfen; ich muß Rath haben. Selten kommt es mit dem Artikel vor, wo es aber auch ein Beywort vor sich haben muß.


Der ausgelaßne Sohn ward also ein Soldat,

Und dieß war auch der beste Rath,

Gell.


Wo es aber auch das folgende Rath, Consilium, in 3 Rath seyn kann. 2) Im engern Verstande. (a) Ein Gegenmittel zur Wegschaffung eines Übels; gleichfalls adverbialiter und ohne Artikel, besonders mit den Zeitwörtern seyn und werden. Es wäre wohl noch Rath, wenn du nur folgen wolltest, es wäre dir noch zu helfen. Dafür ist noch Rath. Hüthe dich vor der That, der Lügen ist oder wird wohl Rath, hüthe dich vor der That, den Lügen ist schon abzuhelfen.


Mins eines wurde liechte rat,

Reinmar der Alte.


Min wurde rat wolle si mir kuinden liebiu mere,

ebend.


d.i. mit würde geholfen.


Wie sol froideloser tage

Mir und sender jaren iemer werden rat,

Heinrich von Morunge.


Sit min lib an dem zwivel stat


Das mien lieder niemer kan werden rat,

Ulrich von Guotenburg.


Wo es denn nach weitern Figuren ehedem auch theils die Wohlfahrt selbst bedeutete, welche Bedeutung auch das Isländ Heilraedi hat, theils den Nutzen, in welchem letztern Verstande man[948] noch jetzt zuweilen sagt, es ist nicht Rath das zu thun, es ist nicht nützlich, nicht rathsam. Adverbialiter sagt schon Ottfried, so imo rat thunkit, wenn es ihm rathsam, nützlich scheinet. (b) Ein von einem andern uns vorgeschlagenes Mittel; in welcher Bedeutung es aber mehr zu dem folgenden Worte zu gehören scheinet, S. dasselbe.

Anm. In der Bedeutung eines körperlichen Werkzeuges lieget allem Ansehen nach wiederum der Begriff des Geräusches zum Grunde, so wie in reiten, bereiten, welches hernach figürlich auf verschiedene Arten solcher mit einem ähnlichen Geräusche verbundener Handlungen eingeschränket worden. In der weitern Bedeutung eines jeden zur Nothwendigkeit und Bequemlichkeit gehörigen körperlichen Dinges scheinet auch das Latein. Res hierher zu gehören, welches mit rauschen, rasen, rasseln, allem Ansehen nach Eines Geschlechtes ist.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 3. Leipzig 1798, S. 948-949.
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