Rath [1]

[833] Rath, 1) eine Versammlung von auserwählten Männern, worin ein Gegenstand überlegt u. über denselben entschieden wird; so R. der Amphiktyonen, die Gerusia in Sparta, die Bule in Athen, der Senat (s.d. a.) in Rom; der R. der Fünfhundert, in Frankreich wurde durch die dritte Constitution neben dem R. der Alten gestiftet, beide gingen durch die vierte Constitution des 4. Nov. 1795 unter, s. u. Frankreich (Gesch.) VII. B) u. C); R. von Castilien, spanischer Staatsrath, s. u. Spanien; 2) so v.w. Stadtrath; 3) ein Mitglied einer Rathsversammlung. Die Rangordnung dieser verschiedenen Räthe ist nach den verschiedenen Ländern, wo sie vorkommen, verschieden. Am höchsten steht gewöhnlich der Wirkliche Geheimerath, dann folgt der Staatsrath, die Räthe von Collegien (Conferenz-, Regierungs-, Appellationsgerichts-, Tribunal-, Kammer-, Finanz-, Consistorial-, Medicinalräthe), hierauf folgen die titularen Geheimenräthe, Hofräthe, Kriegsräthe, Commerzien-, Rechnungs-, Archiv- u. andere Titularräthe, dann endlich die Räthe ohne weiteren Zusatz; 4) die Meinung u. das Urtheil über eine Sache aus wahrscheinlichen Gründen, mit dem Nebenbegriffe, daß der, welchem diese Meinung mitgetheilt wird, dieselbe bei seinen Maßregeln berücksichtige. Dadurch wird der Rathgeber dem Berathenen nur dann verpflichtet, wenn er vorsätzlich einen bösen Rath gegeben hat, od. wenn das Rathertheilen überhaupt Gegenstand der öffentlichen Verpflichtung u. Anstellung des Rathgebers ist; 5) (Räthe), in der katholischen Sittenlehre diejenigen Sittenregeln, welche in ihrer Befolgung verdienstlich, in ihrer Nichtbefolgung aber noch keineswegs strafwürdig sind. Die sogenannten drei evangelischen Räthe sind: die freiwillige Armuth, od. die Zurückführung seiner Bedürfnisse auf die möglich geringste Anzahl; die Ehelosigkeit, wenn die Erreichung eines großen Guts dazu auffordert; u. die Unterwerfung seines Willens unter den Willen eines Andern in bestimmten Lebensverhältnissen, Diese drei Räthe bilden zugleich die Klostergelübde.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 13. Altenburg 1861, S. 833.
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