Stahl (2), der

[273] 2. Der Stahl, des -es, plur. die -Stähle. 1. Ohne Plural, ein gereinigtes und dadurch gehärtetes, feiner und elastischer gemachtes Eisen, da denn der Stahl theils sogleich aus den Eisenerzen durch eine besondere Art der Ausschmelzung, theils aus dem schon verfertigten Eisen, durch Brennen, d.i. Schmelzen und Schmieden, theils durch Cämentiren erhalten wird, zu welcher letztern Art auch das mehrmalige Glühen und Ablöschen des Eisens in gewissen flüssigen Körpern gehöret. Eisen in Stahl verwandeln. So hart wie Stahl und Eisen. Eine Schneide von Stahl. 2. Verschiedene aus Stahl bereitete Dinge und Werkzeuge, da denn nicht nur der Plural Stähle, sondern auch das Diminutivum Stählchen üblich ist. So wird ein aus Stahl bereitetes Werkzeug, die Schneide schneidender Werkzeuge durch Streichen darauf zu schärfen, der Wetzstahl oder Stahl schlechthin genannt, so wie der Stahl oder Feuerstahl ein solches Werkzeug ist, Feuer damit anzuschlagen. Der eiserne Bolzen in den Plätt- und Bügeleisen heißt im Oberdeutschen nur der Stahl. An den ehemaligen Bogen, Armbrüsten u.s.f. wurde der stählerne Bügel häufig der Stahl genannt, da denn auch oft das ganze Geschoß diesen Nahmen bekam.


Den Stahel fürt vor ewer prust

Gespannt, darauf ein Geschos

Denn er hat doch khein Zungel schloß,

Theuerd. Kap. 44.


Bey den Drechslern werden die Dreheisen zu Bein und andern harten Körpern nur Stähle genannt, dagegen die zum Holze Eisen heißen. Daher der Schlichtstahl, Stechstahl, Häkelstahl,[273] Schraubenstahl, Polierstahl, Gärbstahl, u.s.f. In der höhern Schreibart ist der Stahl oft ein schneidendes oder stechendes Werkzeug, ein Schwert, Messer oder Degen. Ach, soll ein Stahl dieß schöne Haar verletzen? Raml.

Anm. Im Oberdeutschen Stahel, Stachel, im Nieders. Staal im Angels. Stal, im Engl. Steel, im Schwed. Stål, im Poln. Stal. Man leitet es gemeiniglich von Stachel, stechen, ab, weil doch die Spitzen und Schneiden scharfer Werkzeuge gemeiniglich aus Stahl verfertiget werden; eine Ableitung, welche nicht nur durch die Oberdeutsche Aussprache Stachel, (in Baiern hingegen wird ein Stachel auch Stahl genannt,) sondern auch durch das mittlere Lat. Acer, Franz. Acier, Ital. Acciaro, Span. Azero, bestätiget wird, welche insgesammt Stahl bedeuten, und von Acies abstammen können. Indessen gibt das noch im Schwedischen gangbare stel, steif, hart, starr, einen fast noch bequemern Stamm ab, wozu auch unser stolz, in der eigentlichen Bedeutung des Steifen, und vielleicht auch steil gehören, welche Bedeutung des Starren, Steifen, auch das mittlere Lat. Acer, mit seinen Abkömmlingen leidet. Im Böhmischen ist staly, standhaft, und Stalost, die Steife. In dem Oberdeutschen Stachel würde also nur der gelinde Hauchlaut nach Oberdeutscher Art und Sitte in das stärkere ch verändert seyn, welches daselbst mehrern ähnlichen Wörtern widerfähret.

Quelle:
Adelung, Grammatisch-kritisches Wörterbuch der Hochdeutschen Mundart, Band 4. Leipzig 1801, S. 273-274.
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