Jacob August de Thou

[149] Jacob August de Thou – gewöhnlich Thuanus genennt – ein berühmter Französischer Geschichtschreiber, geb. zu Paris 1553, wurde, als der jüngste [149] seines Hauses, zum geistlichen Stande bestimmt, den er aber nachher, als sein ältester Bruder starb, wieder verließ, und 1584 die Stelle eines Requeten-Meisters erhielt, dann Präsident a mortier, und von Heinrich III. der Paris verlassen und ihn in die Normandie gesendet hatte, nach seiner Zurückkunft zum Staatsrathe ernannt wurde. Der König, welcher 1589 zu Tours ein Parlament errichtete, um es der Ligue entgegen zu stellen, ernannte den Thuanus zum Präsident desselben; allein dieser schlug die Würde aus. Er trat eine Reise nach Deutschland über Italien an, ging aber, da er zu Venedig Heinrichs III. Tod erfuhr, nach Paris zurück. Heinrich IV. der ihn seiner Gelehrsamkeit und Rechtschaffenheit wegen außerordentlich schätzte, zog ihn in sein Conseil und zu wichtigen Aufträgen, ertheilte ihm auch nach des Bisch. Amyot Todte die Stelle eines Oberbibliothekars. So wurde er noch zu mehreren wichtigen Staatsgeschäften und Unterhandlungen gezogen, z. B. mit den Protestanten, für welche am Ende das Ediet von Nantes (1598) gefertiget wurde. Dem König, der, um dem Papste und der Ligue sich gefällig zu erweisen, die Schlüsse der Tridentinischen Kirchen-Versammlung in seinem Königreiche einführen wollte, widerrieth dieß Thuanus ganz, und machte jenen Entschluß rückgängig. Bei der berühmten Unterredung zwischen dem Bischof du Perron und dü Plessis Mornay war er einer von den katholischen Commissarien; und an der Reformation der Universität zu Paris nahm er den eifrigsten Antheil. 1601 zum weltlichen Protector des Franciscaner-Ordens durchs ganze Königreich erwählt, bei der Vormundschaft der Königin Marie v. Medicis einer der General-Directoren des Finanzwesens, Abgeordneter bei der Conferenz zu Loudün (1616) benahm er sich überall mit so vieler Klugheit, daß er der Cato seiner Zeit genannt wurde. So starb er, ganz seinen Pflichten als Bürger, als Gelehrter, als Minister getreu, in seinem 64. Jahre 1617. Trotz seiner so häufigen Geschäfte schrieb er dennoch die Geschichte seiner Zeit (von 1543 – 1608) in 138 Büchern in Lateinischer Sprache, die ein Muster in ihrer Art genannt zu werden verdient. Sowohl in Rücksicht der Schreibart, als auch besonders wegen der ruhmwürdigen Unparteilichkeit [150] und Freimüthigkeit, mit welcher er sich über die Päpste, die Geistlichkeit etc. äußert, ist dieß Werk, das verschiedene Mahl, aber am schönsten und besten zu London 1733 in 7 Folio-Bänden durch den Engländer Thomas Carte herausgegeben worden, allerdings der vorzüglichsten Auszeichnung werth. Auch als guter Lateinischer Dichter hat er sich hervorgethan, und noch über sein Leben Commentare geschrieben, worin er sich gegen die Verunglimpfungen mehrerer Personen vertheidigt.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 6. Amsterdam 1809, S. 149-151.
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