Lord George Gordon

[119] Lord George Gordon, geb. 1750, ein Sohn des Herzogs von Gordon, und ein höchst abenteuerlicher Mann. Er zeigte schon in seiner frühern Jugend einen ungewöhnlichen Hang zu Sonderbarkeiten und gewagten Unternehmungen. Er repräsentirte in der Folge den Flecken Ludgershall in verschiedenen Sitzungen des Parlaments, und sprach mit großer Freiheit gegen die Maßregeln beider Häuser. Da das Volk in England und Schottland im Jahre 1780 sehr unzufrieden mit den Freiheiten war, welche man den Katholiken eingeräumt hatte; so fing Gordon, der jetzt ohne bestimmte Bedienung lebte, an, den Andächtigen zu spielen, brachte eine von einer zahllosen Menge Menschen unterschriebene Bittschrift zusammen, und wollte damit das Parlament zur Unterdrückung der katholischen Religion zwingen. Allein es blieb nicht bloß bei einem schriftlichen Gesuche; der Pöbel ward unruhig, beging in London und andern Städten des Reichs die größten Ausschweifungen, wüthete besonders gegen die Besitzungen der Katholiken, und konnte nur mit der größten Mühe von der königlichen Leibwache zur Ruhe gebracht werden. Gordon wurde als Hauptanstifter dieser Unruhen gefänglich eingezogen, aber dessen ungeachtet im Jahre 1781 wieder frei gelassen. Der Arrest hatte ihn jedoch nicht klüger gemacht; er verfiel in neue Träumereien und Albernheiten, wurde deßwegen vom Hofe entfernt, und ließ sich, nachdem es ihm bei keiner christlichen Partei mehr glücken wollte, 1787 zu Birmingham unter die Juden aufnehmen. Wegen eines Criminal-Prozesses, in welchen er verwickelt war, wurde er bald darauf nach London zur Haft gebracht, und bezeigte darin vor seinen ehemahligen christlichen Mitbrüdern den lebhaftesten Widerwillen. Das Gericht erkannte ihm eine fünfjährige Gefangenschaft und noch überdieß eine ansehnliche Geldbuße zu. Gordon ertrug alles mit der größten Gelassenheit, schrieb Pasquille auf die Königin von Frankreich, den König von England etc. (er war nicht ohne Witz), und kehrte nach überstandnen Leiden zu seinen neuen Glaubensgenossen zurück, nachdem er vergebens versucht hatte, durch eine 1789 dem Französischen National-Convent, dem er zur [119] errungenen Freiheit Glück wünschte, übergebene Bittschrift, sich für ihn zu verwenden, seiner Gefangenschaft früher entledigt zu werden. Hätte man weniger Rücksicht auf seine angesehene Familie genommen, so würde er wahrscheinlich nie wieder in Freiheit gesetzt worden sein. Er starb den 1. Nov. 1793.

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Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 2. Amsterdam 1809, S. 119-120.
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