Thomas Payne

[381] Thomas Payne, ist bei Gelegenheit der Amerikanischen und Französischen Revolution merkwürdig geworden. Er ist zu Thetford in der Grafschaft Norfolk am 29. Januar 1737 geboren. Sein Vater, ein Schnürbrustmacher, erzog den Sohn zu demselben Handwerke; und der junge Payne trieb es, ungeachtet er einen heftigen Widerwillen gegen diese Art von Beschäftigung verspürte, einige Jahre. Nachher erhielt er eine Stelle als Zollbeamter, und übernahm noch überdieß die Direction einer Tobaksfabrik. Der geringe Ertrag dieser letztern, und die kleine Besoldung, die er als Accisbeamter bekam, reichten zur Erhaltung seiner Familie nicht zu; er erlag einer ansehnlichen Schuldenlast, wurde 1774 von seinem Amte abgesetzt, und gerieth in drückende Dürftigkeit. Er faßte hierauf den Entschluß, nach Amerika zu gehen, und fand daselbst bei einem Buchhändler in Philadelphia eine günstige Aufnahme. Hier war es, wo er 1776 seine erste Schrift unter dem Titel »Gesunde Vernunft« (common sense) herausgab. Dieses Werk, welches zunächst die neue Republik der Nordamerikanischen Freistaaten betraf, machte um so mehr Eindruck, da der Verfasser von methaphysischen Sophistereien über Staatsverfassung ganz frei war, und in der ungekünstelten Sprache des schlichten Menschenverstandes schrieb; mehrere Auflagen dieser Schrift erfolgten schnell nach einander. Bald darauf wurde Payne vom Congreß zum Secretair bei dem Departement der auswärtigen Angelegenheiten erwählt. Washington und Franklin beehrten ihn mit ihrer Freundschaft, und er blieb bis 1786 in Philadelphia. In diesem Jahre unternahm er eine Reise nach Frankreich, und bald darauf ging er wieder nach England. Hier gab er 1791 eine neue Schrift, die Rechte des Menschen (the rights of men), heraus, worin er hauptsächlich die Grundsätze, welche Burke in seinen Schriften über die Französische Revolution ausgestreut hatte, zu bekämpfen suchte. Diese Schrift zog ihm den Haß der Englischen Regierung zu; um desto erwünschter kam ihm der Ruf, vermöge welchen ihn das Departement von Calais 1792 zu seinem Repräsentanten bei [381] dem National-Convent ernannte. Obgleich Payne der Französischen Sprache nicht vollkommen kundig war, so erfüllte er doch seinen Posten mit Klugheit und Würde. Bei dem Prozesse des Königs erwarb er sich den Haß der Bergpartei, weil er nicht für den Tod stimmte. Marat glaubte in dem Gutachten, das Payne darüber vorlesen ließ, die Stimme eines Quäkers zu hören – in welcher Secte Payne erzogen war – und seitdem wurde sein Fall beschlossen. Robespierre ließ ihn im Juni 1793 als einen Fremden von der Liste der Convents-Deputirten ausstreichen und überdieß noch einkerkern. In dieser Haft mußte er 14 Monathe schmachten, bis er im December 1794 in den Schooß des Convents zurückgerufen wurde. Als der Convent 1795 aus einander ging, kehrte er in den Privatstand zurück, und beschäftigte sich mit statistischen Untersuchungen. Er schrieb 1796 eine Abhandlung von dem Verfall der Finanzen Englands, welche in Frankreich viel Aufsehen machte, und auch bei uns durch Uebersetzungen bekannt ist. Im Jahr 1797 machte er eine Reise nach Philadelphia, wurde aber von den Anhängern Washingtons mit Kälte aufgenommen, weil er eine Schrift gegen diesen General herausgegeben hatte.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 3. Amsterdam 1809, S. 381-382.
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