Payne

[433] Payne (Thomas), merkwürdig durch seine Theilnahme an der nordamerik. und an der franz. Revolution und als Verfasser mehrer politischer und in das Gebiet der Rechts- und Religionsphilosophie gehörender Schriften voll kühner, aber auch theilweise übertriebener Ideen, geb. 1737 zu Thetford in der engl. Grafschaft Norfolk, war anfangs Schnürbrustmacher, wie sein Vater, nachher Zollbeamter und Director einer Tabacksfabrik. Bei diesen Geschäften gerieth er aber in Schulden, wurde deshalb abgesetzt und ging nun 1774 nach Amerika, wo im folgenden Jahre zu Philadelphia seine erste Schrift: »Gesunder Menschenverstand«, herauskam. Diese brachte durch ihre gemeinfaßliche Besprechung der Anmaßung des engl. Parlaments und die darin ausgesprochenen Ansichten über Staatsverfassung, eine außerordentliche Wirkung hervor, wurde rasch mehrmals aufgelegt, ihr Verfasser aber, dem Washington und Franklin ihre Freundschaft antrugen, vom amerik. Congresse zum Secretair im Departement der auswärtigen Angelegenheiten ernannt. Wegen Veröffentlichung einiger Amtsgeheimnisse mußte er jedoch seine Stelle nach einiger Zeit niederlegen, begab sich darauf 1786 nach Frankreich und von da nach England, wo er 1791 gegen Burke (s.d.) zur Vertheidigung der franz. Revolution eine heftige Schrift: »Menschenrechte«, erscheinen ließ, welche ihm in England viele Feinde, in Frankreich aber, wohin er 1792 ging, noch mehr Freunde machte, sodaß er, obgleich Ausländer, als Volksrepräsentant bei dem Senat und zum Abgeordneten des Departements von Calais beim Nationalconvent gewählt wurde. P. wirkte für Aufhebung der herabgewürdigten monarchischen Regierung, weil er aber nicht für Ludwig XVI. Tod, sondern nur für Verbannung stimmte, ward er von der sogenannten Bergpartei des Convents verfolgt, 1793 auf Robespierre's Betrieb aus der Liste der Conventsmitglieder gestrichen und verhaftet. Erst nach 14 Monaten erhielt P. auf Verwenden der nordamerikan. Regierung die Freiheit wieder und wohnte noch den Conventssitzungen bis zu dessen Auflösung 1795 bei. Im J. 1796 gab er eine viel Aufsehen erregende Schrift über den Verfall der engl. Finanzen heraus und ging 1802 auf Einladung des damaligen Präsidenten Thom. Jefferson nach Amerika, wo er 1809 starb.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 433.
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