Philadelphia

[485] Philadelphĭa mit ungefähr 200,000 Einw., ist nach Neuyork die größte und volkreichste Stadt und der wichtigste Handelsplatz der Vereinigten Staaten von Nordamerika, sowie der Hauptort des Staates Pennsylvanien. Es liegt 30 M. vom atlant. Meere an dem hier in den Delaware mündenden Schuylkill, über welchen in der Stadt selbst eine 1813 erbaute Brücke von einem 340 F. weiten Bogen führt und ist ausgezeichnet durch regelmäßige und schöne Bauart. Die niedrige Lage an zwei Strömen, der oft plötzliche Wechsel der Temperatur und die im Allgemeinen große Hitze des Sommers, verbunden mit dem ununterbrochenen Verkehr mit Westindien, hat mehrmals durch das gelbe Fieber große Sterblichkeit herbeigeführt und man hält überhaupt den Aufenthalt in P. für ungesund. Dieses wurde 1682 von W. Penn (s.d.) gegründet und ist geschichtlich durch die am 4. Jul. 1776 daselbst erfolgte Unabhängigkeitserklärung der 13 Provinzen von der engl. Oberherrschaft merkwürdig. Von 1790–1810 war P. als Bundesstadt der Sitz des Congresses, dessen Versammlungen aber später nach Washington, der neuen Bundeshauptstadt, verlegt wurde. Der Delaware trägt in der Nähe der Stadt noch Linienschiffe und in dem sehr geräumigen Hafen im Flusse langen des Jahres an 500 fremde Schiffe und über 3000 Küstenfahrer an. Behauptet P., obgleich im Besitz des vierten Theils der Handelsgeschäfte der Vereinigten Staaten, darum doch nicht den Rang ihrer ersten Handelsstadt, so gebührt ihm dafür der des Hauptsitzes der Wissenschaften und Künste, welche von einer 1780 gestifteten Universität, einer 1812 errichteten Akademie der Naturwissenschaften, einer Akademie der schönen Wissenschaften, zwei Kunstvereinen und vielen andern wissenschaftlichen und gemeinnützigen Anstalten und Vereinen, unterstützt von ansehnlichen Bibliotheken und wichtigen Sammlungen, befördert werden; auch besteht hier eine Taubstummenanstalt, sowie eine deutsche Gesellschaft und eine Schulanstalt zur Erhaltung der deutschen Sprache unter dem Namen der Francke'schen Akademie. Gegen die Hälfte der Einwohner von Pennsylvanien sind nämlich deutscher Abkunft und P. zählt insbesondere über 30,000 Deutsche unter seinen Bewohnern, daher es unter [485] seiner großen Zahl von Tempeln der verschiedensten Glaubensbekenntnisse auch mehre deutsch-protestantische, reformirte und katholische Kirchen hat. Unter die ausgezeichneten Gebäude gehören, außer dem weitläufigen Staatenhause und mehren Regierungsgebäuden, die nach dem Muster des Theseustempel in Athen aufgeführte Bank und das Gebäude der allgemeinen philadelphischen Bibliothek, welche 1731 Franklin anlegte, dessen Statue in weißem Marmor auch die Fronte desselben ziert, sowie die 1829 erbaute Münzanstalt für die ganze Union. Außerhalb der Stadt liegt am Schuylkill ein schönes Marinehospital, sowie auf einer Anhöhe eine große Strafanstalt, worin die Verbrecher abgesondert verwahrt werden und Arbeit nur als Belohnung guter Aufführung erhalten. P. ist von der Zeit seiner Begründung her ein Hauptsitz der Quäker, die daselbst eigne Vorrechte genießen und mehre sehr umfängliche Wohlthätigkeits- und Schulanstalten gestiftet haben und unterhalten. Franklin gründete hier schon 1787 eine Gesellschaft zur Abschaffung des Negerhandels, welchem von P. aus, wie der Sklaverei, fortwährend entgegengewirkt wird. Besonders wichtige Handels- und Gewerbzweige P.'s sind der Buchhandel und die Buchdruckerei, das Mahlen und die Ausfuhr von Getreide, Bierbrauerei, Zuckersiederei und Schiffbau. Das der Stadt fehlende Trinkwasser wird eine halbe Stunde weit oberhalb derselben aus dem Schuylkill durch eine Wasserleitung in die Mitte P.'s nach einem schönen mit Marmor bekleideten Gebäude geführt und von da durch eiserne Röhrenleitungen reichlich nach allen Seiten vertheilt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 3. Leipzig 1839., S. 485-486.
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