Fieber

[37] Fieber wird ein häufig vorkommender Krankheitszustand genannt, dessen wesentliche und beständige Erscheinungen beschleunigter Herz- und Pulsschlag, Frösteln mit darauf folgender Hitze und vermehrter Ausdünstung der Haut, krankhaft vermehrter Durst, Gefühl allgemeinen Unwohlseins, sehr oft auch Kopfweh, Appetitlosigkeit, Ekel, selbst Erbrechen u.s.w. sind, Zufälle, die sich in gewissen Zeiträumen steigern, wieder vermindern, ganz aufhören und dann wiederkehren und sich zu der großen Mehrzahl aller nur möglichen Krankheiten gesellen können. Hat sich ein Fieberzustand einmal entwickelt, so unterscheidet man auch leicht drei Zeiträume desselben, den der Zunahme nämlich, welcher, mit dem Eintritte der ersten Fieberbewegungen beginnend, das Heftigwerden derselben bezeichnet; den der Höhe, in welchem die Fiebersymptome den höchsten Grad ihrer Heftigkeit erreicht haben, und den der Abnahme, in dem die fieberhaften Erscheinungen nachlassen und die günstige Entscheidung der Krankheit sich vorbereitet. Die Aufeinanderfolge dieser Zeiträume macht den Verlauf des Fiebers aus. Ein solcher Verlauf endet entweder binnen 24 Stunden ein für allemal, wie dies z.B. bei dem sogenannten eintägigen Reizfieber der Fall ist, oder es wiederholt sich derselbe in der Art, daß die ganze Krankheit aus solchen einzelnen Fiebern sich zusammensetzt und im Großen dieselben Zeiträume, denselben Verlauf wahrnehmen läßt, wie die einzelnen ihr untergeordneten Fieberanfälle im Kleinen. Hieraus entsteht dann für die ganze Krankheit ein Wechsel von Besser- und Schlimmerbefinden des Kranken. Verschwinden während des Besserbefindens die Fiebersymptome ganz, so wird dieser Zeitraum der Krankheit die fieberfreie Zeit und die ganze Krankheit ein aussetzendes (Wechsel-) Fieber, das darauf wieder eintretende Schlimmerbefinden der Fieberanfall (Paroxysmus) genannt; lassen aber die Fieberzufälle nur zum Theil oder blos nach dem Grade ihrer Heftigkeit nach, so heißt die Zeit des Besserbefindens der Nachlaß, das Schlimmerbefinden die Verschlimmerung, die ganze Krankheit ein nachlassendes Fieber. Ist das Fieber in wesentlicher Verbindung mit einem anderweitigen örtlichen Leiden, so nennt man es ein zusammengesetztes, im entgegengesetzten Falle ein einfaches Fieber. Als Grundformen aller Fieber aber kann man das Wechselfieber, das Nervenfieber, das Entzündungs- und das Faulfieber betrachten, insofern diese es sind, von welchen die verschiedenartigsten fieberhaften Krankheiten ihren Charakter entlehnen. Die Fieber entscheiden sich vorzugsweise durch vermehrte Hautausdünstung und Urinausleerung, die dann auch ihrer Beschaffenheit nach verändert erscheinen, unter besondern Umständen auch durch Blutungen, veränderte und vermehrte Schleimabsonderung, Erbrechen, Durchfälle, Ausschläge u.s.w. Diese Ausleerungen müssen indessen zu rechter Zeit erfolgen und Erleichterung des Kranken herbeiführen, wenn sie als heilsam, als sogenannte Krisen gelten sollen. Überhaupt aber ist das Fieber als das höchste und letzte Bestreben der Naturheilkraft in Krankheiten anzusehen, Schädlichkeiten zu entfernen und Krankheiten zu heilen, welche auf keine andere Weise entfernt oder geheilt werden können, wobei der Ausgang freilich ebensowol zum Heile als zum Unheile des Kranken ausschlagen kann. Ein regelmäßiger Verlauf des Fiebers läßt meistens einen günstigen Ausgang hoffen, große, plötzliche Abweichungen von demselben sind bedenklich, namentlich ein übermäßig schneller und heftiger oder auch sehr zögernder, schleichender Gang der Krankheit.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 37.
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