Buchhandel

[345] Buchhandel (der) ist ein sehr alter Zweig der Industrie, der in den frühesten Zeiten von den Abschreibern der vorhandenen Geisteswerke betrieben ward; doch gab es schon bei Griechen und Römern öffentliche Buchladen, deren Inhaber eine Menge Abschreiber für sich beschäftigten. Nach dem Untergange des röm. Reiches wurden fast nur in den Klöstern Bücher abgeschrieben und meist blos zum eignen Bedarfe derselben. Das Wiederaufleben der Wissenschaften rief auch den Buchhandel, zuerst in Paris und Bologna, wieder ins Leben, doch erst nach Erfindung der Buchdruckerkunst (s.d.) nahm er allmälig die jetzige Gestalt an. Die ersten Buchdrucker waren auch zugleich Buchhändler, indem sie den Vertrieb ihrer Bücher selbst besorgten, bald fanden sich aber Handelsleute, welche in großen Städten, an Höfen und in Klöstern die Erzeugnisse verschiedener Buchdruckereien gleichzeitig zum Verkauf ausboten und sich Buchführer nannten. In Ulm, Augsburg und Nördlingen gab es deren schon zu Ende des 16. Jahrh. und Joh. Rinmann in Augsburg war der bis jetzt bekannte erste deutsche Verlagsbuchhändler, indem er 1508 Bücher auf seine Kosten in einer fremden Buchdruckerei zum Verkauf drucken ließ, was in Venedig schon früher geschehen war. Überhaupt betrieben im Anfange des 16. Jahrh. die ital. und franz., sowie später die niederländ. Buchhändler den Buchhandel am thätigsten und besuchten mit ihren Werken auch die Messen in Frankfurt am Main, wo die deutschen sich ebenfalls einfanden und 1564 das erste Verzeichniß der zur Messe gebrachten neuen Bücher erschien. Schon damals fanden sich einzelne Buchhändler auf den Messen in Leipzig ein, wo seit 1480 mehre Buchhandel betreibende Buchdrucker und seit 1545 die ersten eigentlichen Buchhändler, Steiger und Boskopf, sich niedergelassen hatten. Im 17. Jahrh. wendete sich die deutsche Büchermesse fast ganz nach Leipzig, wo schon seit 1600 ein Verzeichniß neuer Bücher herauskam, und nun bildete sich nach und nach die Eigenthümlichkeit des deutschen buchhändlerischen Verkehrs aus, dessen dauernder Mittelpunkt Leipzig durch Gründung des Buchhändlervereins und durch Erbauung der deutschen Buchhändlerbörse im J. 1835 geworden ist.

Der jetzige deutsche Buchhandel begreift nur den Verkehr mit neuen Büchern und zerfällt in den Verlags- und in den Sortimentshandel. Die Verlagshändler kaufen den Schriftstellern die Handschriften der Bücher ab, lassen sie auf ihre Kosten drucken, bestimmen den Verkaufspreis und suchen sich durch den meist vom Sortimentshändler vermittelten Verkauf der Bücher für Aufwand und gehabte Mühe so vortheilhaft als möglich bezahlt zu machen Dem Sortimentshändler wird deshalb von allen im Laufe des Jahres erscheinenden neuen Schriften eine kleinere oder größere Zahl à condition, d.h. mit der Bedingung zugeschickt, daß er die am Ende des Jahres unverkauften zurücksendet, das Abgesetzte aber in der nächsten leipziger Ostermesse bezahlt. Jene Zusendungen von Neuigkeiten, sowie die Zurücksendungen finden stets von und nach Leipzig statt, wo fast alle deutsche Buchhandlungen ihre Commissionairs und bei diesen Vorräthe von ihren Verlagsartikeln haben. [345] Bedarf ein Sortimentshändler ein früher erschienenes Buch oder mehr von einem neuen, so verzeichnet er dieses auf einem sogenannten Verlangzettel, schickt ihn an seinen leipziger Commissionair, der ihn wieder an den des Verlegers der verlangten Werke abgibt und diese entweder sogleich oder doch durch dessen Vermittelung erhält. Was auf diese Weise bei den Commissionairen die Woche durch für ihre Committenten eingeht, wird ein- oder zweimal verpackt und an den Ort seiner Bestimmung abgeschickt, wodurch der Geschäftsgang sich vereinfacht und weniger Unkosten entstehen, als wenn jedes Paket einzeln befördert werden müßte. Dadurch aber, daß die Verleger 1/3 oder 1/4 von jedem Verkaufsbetrage als Abzug (Rabbat) bewilligen, wird es möglich, daß fast in ganz Deutschland gleiche Ladenpreise herrschen. Viele Buchhändler betreiben gleichzeitig Verlags- und Sortimentsgeschäfte; ihre gegenseitigen Rechnungen gleichen sie zur Ostermesse in Leipzig entweder in Person oder durch Stellvertreter aus. Die Geschäftsverhältnisse der Buchhändler in Frankreich, England und andern Ländern haben mit denen der Deutschen keine Ähnlichkeit und sind ganz die des gewöhnlichen Handels.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 345-346.
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