Sklaverei

Sklaverei

[202] Sklaverei heißt diejenige Art der Knechtschaft, bei welcher der Mensch, der Sklave, nicht als Person, sondern nur als Sache, welche das Eigenthum eines Andern, des Herrn, ist, geachtet wird.

Ihren Ursprung hat dieselbe in dem Übergewichte, welches ein Grad von Bildung dem Menschen über den völlig Ungebildeten gibt, und die Jener, so lange er selbst noch nicht bis zur Anerkennung der Menschenwürde vorgedrungen ist, benutzt, sich des Ungebildeten als eines ihm auf vielfachste Weise brauchbaren Werkzeuges zu bemächtigen. Das mächtigste Förderungsmittel der Sklaverei war seit den ältesten Zeiten der Krieg, durch welchen die Besiegten in die Hände der Sieger geliefert wurden, und diese theils um sich zu rächen, theils um den Vortheil des Sieges auf eine ihnen bequeme Weise zu benutzen, die Kriegsgefangenen in ihrer eignen Heimat unterjochten und zu Sklaven machten. In der vorchristlichen Welt war die Sklaverei allgemein. Die rohen und dabei träg üppigen und genußsüchtigen asiat. Völker standen sämmtlich unter despotischer Herrschaft, und das Unterthanenverhältniß war kein anderes als das der Sklaven gegen ihren Herrn. Wie der Despot alle seine Unterthanen, so beherrschte wieder jeder Unterthan die ihm Untergebenen. Die Herrschaft der Religion gestaltete dieses Verhältniß eigenthümlich nur noch dadurch um, daß die Priester eine eigne Classe bildeten, welche sich selbst wieder zu despotischen Herren aller übrigen Classen der Gesellschaft zu machen verstand, und indem auch die Krieger durch die Gewalt der Waffen, die Kaufleute durch die Macht des Reichthums, die Gewerbtreibenden durch ihre Unentbehrlichkeit eine Bevorzugung in Anspruch nahmen, so bildete sich das Kastenverhältniß aus, nach welchem stets die unterste keiner der erwähnten Stände angehörige Kaste als eine der Willkür aller übrigen preisgegebene, verachtete und gemishandelte Classe erscheint. In den asiat. Staaten fand diese Weise, zum Theil noch bis diesen Augenblick, nur eine eigenthümlich organisirte allgemeine Sklaverei statt, denn die Despoten selbst waren der Willkür der Priesterkaste preisgegeben, und diese wieder war einem peinlichen Ceremonialgesetz unterworfen, welches eine freie geistige Entwickelung unmöglich machte. Der griech. Philosoph Aristoteles hatte Recht, wenn er sagte, daß die Barbaren (worunter alle Nichtgriechen, zunächst aber die Asiaten verstanden wurden), sämmtlich Sklaven seien und zwar von Natur, weil jener Zustand eine Folge der rohen Natürlichkeit war, in welcher jene Völker beharrten, ohne sich zur Würde des Geistes, zur Freiheit zu erheben.

Aber auch bei Griechen und Römern war die Sklaverei eingeführt, nur mit der Ausnahme, daß sich dieselben nicht selbst der Sklaverei unterwarfen, sondern sich vielmehr für natürliche Herren hielten, wie sie die Barbaren als natürliche Sklaven betrachteten. Diese hochgebildeten Völker des Alterthums waren in der Bildung doch noch nicht so weit vorgeschritten, daß sie die Freiheit als Dasjenige anerkannt hätten, wozu der Mensch als Mensch berufen wäre; sie hielten den natürlich rohen Zustand der Barbaren für unabänderlich nothwendig, und gestanden sich selbst untereinander die Freiheit nicht als Menschen, sondern als Mitbürger des griech. und röm. Staatswesens zu. Dieses war republikanisch, sodaß also jeder Bürger desselben in seiner Person die ganze Würde des Staates vereinigte. Sie erkannten daher auch keine menschlich individuelle Ausbildung des Einzelnen an, sondern gestanden diesem die Freiheit nur insofern zu, als er das allgemein gültige Gepräge seines zur Freiheit berufenen Volkes trug. Daher sehen wir, wie die altgriech. und auch die frühere röm. Gesetzgebung darauf ausging, den Einzelnen nur dem Allgemeinen, dem Staate gemäß auszubilden. Nur um des Staates willen, nur für ihn, nur durch ihn sollte der Einzelne existiren, ihm mußte er alle aus den Familienverhältnissen entspringenden Interessen aufopfern, sobald Staat und Familie in Widerspruch [202] kamen. Der Spartaner war nicht Vater, noch Sohn, sondern nur Mitglied des Staates, hatte kein Eigenthum, und Griechenland verstieß seine edelsten Geister, weil sie eben durch ihre persönlichen Vorzüge aufhörten, dem Allgemeinen gemäß zu sein, ja ihm gefährlich wurden. Griechen und Römer fühlten sich als Herren, aber nicht in der Freiheit des menschlichen Geistes, sondern in der Herrschaft, welche sie als Sieger über die Barbaren ausübten, und so konnten sie sich auch nur als Herren bezeigen, indem sie Sklaven hatten. Ihre Freiheit war nicht die Herrschaft über sich selbst, sondern über Andere. Daher rechneten sie sich es auch zur Schande, einander Dienste welcher Art immer zu leisten, ja sich selbst zur Abwehrung der leiblichen Noth zu dienen, und bedurften dazu der Sklaven. Als solche dienten ihnen die im Kriege Unterworfenen, sowie sie auch von Barbaren Sklaven kauften. Die einzelnen griech. Staaten, wie sie später mit historischer Bedeutsamkeit sich darstellen, waren entstanden durch siegreiche Einwanderung einzelner Völkerschaften, welche die bisherigen Einwohner unterjochten. Ein Theil derselben behielt die persönliche Freiheit und Landbesitz, war jedoch tributpflichtig und hatte keinen Antheil an den staatsbürgerlichen Rechten, sie hießen im Allgemeinen Umwohner (Periöken); ein anderer Theil war Sklaven, nur daß sie der Herr nicht tödten oder außer Landes verkaufen durfte. In diesem Verhältnisse standen z.B. die Heloten in Lacedämon. In dem hochgebildeten Athen war auch die Sklaverei am leichtesten und die Gesetze nahmen die Sklaven in Schutz. Athen hatte 400,000 Sklaven, und auch um eine so große Anzahl nicht zur Gefährlichkeit aufzureizen, mußte man ihnen einige Rechte zugestehen. Mord und Mishandlung an einem Sklaven wurde bestraft, und der von seinem Herrn zu schlecht behandelte Sklave durfte in den Tempel des Theseus fliehen und verlangen, daß ihn sein Herr verkaufte. In Rom war die Sklaverei ursprünglich aus dem unumschränkten Rechte hervorgegangen, welches das Oberhaupt einer Familie über diese ausübte, der natürliche Ursprung alles Despotismus. Daher wurden auch später noch die Sklaven unter der Benennung Familie mitbegriffen und hießen familiares, pueri (Kinder); in der Folge wurde aber die Sklaverei bei den überhaupt rohen und kriegerisch-despotischen Römern die härteste, wie ja auch der Vater über das Kind als unumschränkter Herr rechtlich anerkannt war, sodaß gleich nach der Geburt nur dem Vater überlassen blieb, ob er das Kind auferziehen oder aussetzen wollte. Die röm. Sklaven konnten kein Eigenthum erwerben, kein Zeugniß vor Gericht ablegen, keine Kriegsdienste thun, und waren gänzlich der Willkür ihrer Herren preisgegeben. War von einem Andern als seinem Herrn ein Sklave gemishandelt worden, so hatte sein Herr, nicht der Sklave selbst, Schadenersatz zu verlangen. Zwar wurden mehrmals Gesetze gegen eine allzu unmenschliche Behandlung der Sklaven erlassen, aber ohne nachdrücklichen und anhaltenden Erfolg. Die Anzahl der Sklaven war unermeßlich, sodaß reiche Römer selbst nicht die Zahl ihrer eignen Sklaven kannten und sich rühmten, deren von allen Völkern zu besitzen. Die harte Behandlung der Sklaven bei den Römern hatte mehrmals Empörungen zur Folge, und namentlich wurde der sogenannte Sklavenkrieg gefährlich, welcher 73 v. Chr. in Capua ausbrach. Unter dem Thrakier Spartacus sammelten sich in kurzer Zeit 70,000 Sklaven, welche nur nach mehren großen Verlusten und großen Anstrengungen besiegt wurden.

Durch das Christenthum wurde dem Gedanken nach die Sklaverei aufgehoben. Denn indem dasselbe lehrte, daß alle Menschen Kinder Gottes wären und sich daher untereinander als Brüder lieben sollten, erkannte es die Würde des Menschen als solcher und die Nichtigkeit der Vorstellung eines angeborenen Unterschiedes zwischen Gebietenden und Gehorchenden an. In den europ. christlichen Staaten verschwand auch mit dem Umsichgreifen des Christenthums die Sklaverei immer mehr und ging endlich in ihren letzten Überresten in der schon die persönliche Freiheit des Menschen anerkennenden Leibeigenschaft unter. Dagegen trat die Sklaverei, nachdem bereits die christliche Kirche den höchsten Gipfel der Macht und des Ansehens erreicht hatte, noch einmal in ihrer abschreckendsten Gestalt auf eine das Gefühl empörende Weise als Folge europ. Habgier auf. In Europa selbst wurde zwar die Sklaverei unter den Christen nicht wieder geduldet, aber die Anlegung von Colonien in Afrika und Amerika hatte hier zur Folge, daß die christlichen Anbauer die Eingeborenen als Sklaven behandelten. Der rohe Zustand, in welchen sich diese Menschen befanden, war die nächste Ursache, denn ein rechtliches, auf contractmäßige Übereinkunft gegründetes Verhältniß konnte mit ihnen nicht eingegangen werden, und die Europäer erblickten in ihnen Wesen, die zwischen Thier und Mensch mitten innestanden und denen sie keine Menschenwürde zuerkannten. Bis in die neueste Zeit ist die Sklaverei in den Colonien von ihren Vertheidigern damit entschuldigt worden, daß die Wilden von der Natur selbst nicht zu höherer Gesittung bestimmt wären, und erst nachdem der thatsächliche Erfolg der Gesittung das Gegentheil unwiderleglich an den Tag gelegt hat, ist dieser Entschuldigungsgrund als unhaltbar allgemein anerkannt worden. Im 15. Jahrh. haben die Portugiesen in ihren Besitzungen auf Guinea zuerst Sklaven afrik. Abkunft eingeführt. Dieser Menschenstamm zeichnet sich durch Stärke und Dauerhaftigkeit unter allen wilden Völkern vortheilhaft aus, und als die Spanier die Bemerkung machten, daß die Eingeborenen Amerikas zu den harten Arbeiten, die sie ihnen in ihren amerik. Colonien anmutheten, nicht geschickt wären, weil sie denselben unterlagen und sehr schnell in ganzen Stämmen ausstarben, so kam man bald darauf, Negersklaven aus Afrika einzuführen. Dazu mochte auch noch kommen, daß die Geistlichen, welche unter den Amerikanern das Christenthum auszubreiten suchten, unter ihnen vorzüglich Las Casas (s.d.), des Elendes, in welchem diese Unglücklichen schmachteten, sich kräftig annahmen und dadurch indirect dazu beitrugen, daß, um die Amerikaner zu schonen, Afrikaner eingeführt wurden, deren Brauchbarkeit schon in den portug. Colonien sich erwiesen hatte. Im J. 1517 ertheilte Karl V. seinem Günstlinge, dem Marquis de la Bresa, das Privilegium, jährlich 4000 Sklaven nach S.-Domingo, Cuba, Portorico und Jamaica einzuführen, und dieses Privilegium wurde dann an genuesische Kaufleute für 25,000 Dukaten abgetreten. Nach Ablauf dieses Privilegiums bemächtigten sich vorzüglich die Portugiesen des Sklavenhandels und führten Sklaven besonders nach dem von ihnen in Besitz genommenen Brasilien ein. Die Reichthümer, welche durch diesen Handel erworben wurden, hatten zur Folge, [203] daß sich bald auch andere Nationen mit demselben befaßten, und so wurde er in England, besonders durch die Königin Elisabeth begünstigt. Lebhaften Antheil nahmen an ihm seit Ludwig XIII. auch die Franzosen, und auch Holland, Dänemark, [204] Schweden führten, wenn auch in geringerer Anzahl, Sklaven aus Afrika aus. Man hat berechnet, daß in den 300 Jahren, während welcher dieser schmachvolle Handel bestand, an 30 Mill. Neger in die Sklaverei getrieben worden sind. Diese Menge von Menschen konnten die in den Küsten wohnenden Afrikaner nur liefern, indem sie selbst in den tiefsten Zustand der Entsittlichung versunken waren. Um die ihnen aus Europa zugeführten Waaren, welche sie für Menschen eintauschten, wie Rum, Eisen, Waffen, Salz, allerlei Spielzeug u.s.w., zu erlangen, machten sie auf Menschen förmlich Jagd, ja verkauften wol auch ihre eignen Blutsverwandten, die Fürsten ihre Unterthanen, indem sie sich gewaltsam ihrer bemächtigten. Die Art, wie der Sklavenhandel betrieben wurde, um den möglichst großen Vortheil aus ihm zu ziehen, war empörend. Man behandelte die Menschen wie Vieh, und noch schlimmer, weil man sich zu Grausamkeiten genöthigt sah, um sie zu verhindern, sich selbst das Leben zu nehmen, zu welchem Mittel sie häufig griffen, um sich dem Elende zu entziehen. Oft wollten die Gefangenen auf den Schiffen keine Nahrung zu sich nehmen um sich zu tödten, aber man zwang sie durch Prügel dazu, und so erfanden die Armen ein Mittel, sich zu tödten, von welchem man sie nicht abhalten konnte: sie verschlangen ihre eigne Zunge und erstickten sich so. Auf der Überfahrt kamen im Durchschnitt gewöhnlich 7–8 vom Hundert um. Ein Schiff, welches 240 Tonnen faßte und mit 44 Seeleuten bemannt war, wurde gemeiniglich mit etwa 520 Sklaven befrachtet. Je zwei wurden zusammengeschmiedet, und auf jeden einzelnen kam nur etwa ein Raum von 5 F. Länge und 2 F. 2 Z. Höhe. Auf öffentlichen Märkten wurden sie dann feilgeboten, wie Vieh untersucht, behandelt und nachher von den Käufern mit der grausamsten Gewalt zu der ungewohnten und harten Arbeit angehalten. Man muthete ihnen so viel zu, als sie nur aushalten konnten, ohne zu sterben. Weiber und Knaben, wenn sie schön waren, wurden auch zur Befriedigung sündiger Gelüste gekauft. Der gewöhnliche Preis für einen gesunden Neger war 5–600 Thlr.

Das Verdienst, zuerst gegen diesen die christliche Menschheit schändenden Handel aufgetreten zu sein, haben die Quäker, und namentlich waren es die Stifter dieser christlichen Sekte, welche in England und Nordamerika den Gedanken an die Abschaffung des Sklavenhandels verbreiteten. Die Quäker schafften schon 1751 den Negerhandel unter sich ab. Es standen nun, besonders in England, mehre Männer auf, welche kräftig für die Abschaffung der Sklaverei sprachen. Grandville Sharp (1735–1813) widmete drei Jahre seines Lebens einzig und allein zu dem Zwecke dem Studium der engl. Gesetze, um die Neger kräftiger in Schutz nehmen zu können, und 1772 brachte er es wenigstens dahin, daß jeder den engl. Boden betretende Sklave als frei anerkannt wurde, welcher Rechtsgrundsatz schon früher in Frankreich Gültigkeit erlangt hatte. Eine Bittschrift wegen Aufhebung des Sklavenhandels kam zuerst 1783 an das engl. Parlament und wurde besonders von Wilberforce unterstützt, der außerdem die öffentliche Meinung über diesen Gegenstand durch Schriften zu berichtigen suchte. Mit edler Leidenschaft und persönlicher Aufopferung widmete sich der Sache der unglücklichen Afrikaner besonders Thomas Clarkson. Er bereiste in dieser Angelegenheit England und Frankreich, und gewann für dieselbe angesehene Staatsmänner, wie Pitt, Fox und den schon erwähnten Wilberforce.

Eine gesetzliche Anerkennung der Menschenwürde der Afrikaner wurde zuerst ausgesprochen, als sich die nordamerik. Freistaaten unabhängig erklärten. Es erklärten nämlich sieben von jenen Staaten: Massachusetts, Neuhampshire, Rhode Island, Connecticut, Neuyork, Neu-Jersey und Pennsylvanien die Sklaverei für abgeschafft. Vermont, Ohio, Indiana und Illinois schlossen sich nachmals den obenerwähnten an, und auch in Maine, welches früher einen Theil von Massachusetts ausmachte, wurde die Sklaverei nicht wieder eingeführt. Eine Bittschrift, welche 1788 Pitt an das engl. Parlament brachte, hatte ernstliche Erwägung des Gegenstandes zur Folge, aber der Eigennutz der engl. Kaufleute stand dem Erfolge entgegen. Man berechnete, daß durch den Sklavenhandel jährlich gegen 1 Mill. Pf. St. gewonnen würden, und daß die Regierung durch die Sklaventaxe jährlich 256,000 Pf. St. einnehme. Erst 1792 wurde es beim Unterhause durchgesetzt, daß die Abschaffung des Sklavenhandels für das I. 1795 beschlossen wurde, welchen Beschluß das Oberhaus jedoch verwarf. Das kräftigste Mittel zur Beendigung des Negerhandels wäre es gewiß, wenn man die afrik. Völkerschaften selbst auf einen höhern Zustand der Gesittung heben könnte, obwol dieses anfänglich nur in kleinen Kreisen und mit nicht erheblichem Erfolge möglich ist. Indeß ging die 1787 in England gestiftete afrik. Gesellschaft hierauf aus, als sie die Colonie Sierra Leona stiftete, deren Hauptstadt Freetown mit freien Negern bevölkert wurde, und aus welcher aller Sklavenhandel verbannt wurde. Die franz. Revolution, welche über alle Rücksichten auf bestehende Verhältnisse hinwegging, hatte in den franz. Colonien die Aufhebung der Sklaverei zur Folge. Am 4. Jul. 1794 wurde die Befreiung aller Sklaven ausgesprochen. In England misglückte Wilberforce's Bill zur Aufhebung des Negerhandels 1796 nochmals, vorzüglich darum, weil man über die möglichen revolutionnairen Folgen einer solchen Abschaffung in Sorge war. Erst 1807 gelang es nach den eifrigsten Bemühungen Fox's und seiner Freunde, die gesetzliche Aufhebung des Sklavenhandels zu bewirken, und mit dem 1. Jan. 1808 sollte dieselbe in Kraft treten. Später, 1811, wurde gesetzlich festgesetzt, daß der wissentliche Antheil am Sklavenhandel mit 14jähriger Landesverweisung oder harter Arbeit bestraft werden sollte, und 1824 wurde bestimmt, daß der Sklavenhandel als Seeräuberei betrachtet und bestraft werden sollte. Napoleon nahm die Sklaverei wieder in Schutz, wogegen Christian VII., König von Dänemark, schon 1794 festsetzte, daß 1804 der Sklavenhandel Seiten Dänemarks aufhören sollte, und Friedrich VI., im kieler Frieden, 1814, versprach auch den Antheil am Sklavenhandel im Auslande seinen Unterthanen zu verbieten. England war nach dem Sturze Napoleon's bemüht, die Abschaffung der Sklaverei zur gemeinschaftlichen Angelegenheit aller christlichen Staaten zu machen. Auf dem Congresse zu Wien suchte Castlereagh in diesem Sinne zu wirken, aber ohne seinen Zweck vollkommen zu erreichen. Ihm hatte zwar Ludwig XVIII. 1814 das Versprechen der Aufhebung jenes Handels gegeben, aber auf Betrieb der Handelskammer zu Nantes war dieselbe noch auf fünf Jahre aufgeschoben worden. Spanien und Portugal ließen sich nur dazu bestimmen, nördlich von der Linie dem Negerhandel zu entsagen. [205] Indeß wurde durch eine von den Gesandten der Hauptmächte unterzeichnete Bekanntmachung der Negerhandel als ein Schandfleck der europ. Bildung anerkannt und die gänzliche Abschaffung desselben besondern Unterhandlungen der Regierungen vorbehalten. Portugal wollte nach acht Jahren, also 1823, gegen eine Entschädigung von England durch 300,000 Pf. St. den Sklavenhandel einstellen, Ludwig XVIII. willigte 1815 im pariser Vertrage in die sofortige Aufhebung, Spanien sagte im Vertrage von 1817 dieselbe für 1828 zu, und England bezahlte 1818 an span. Unterthanen eine Entschädigung von 400,000 Pf. St. Der König der Niederlande verbot 1818 den Sklavenhandel seinen Unterthanen. England war besonders noch dadurch für Aufhebung des Sklavenhandels interessirt, weil sich mit der Abnahme desselben sein afrik. Handel bedeutend hob. Daher stellte es auch an der Küste von Sierra Leona ein Geschwader auf, welches eigens dazu bestimmt war, auf Sklavenschiffe Jagd zu machen. Die befreiten Sklaven wurden in ihre Heimat entlassen oder angesiedelt. Die nordamerik. Freistaaten erklärten jeden amerik. Sklavenhändler des Todes schuldig. Der Unterdrückung des Negerhandels auf diese Weise stand besonders der Umstand entgegen, daß die betheiligten Seestaaten einander das Recht der Durchsuchung der unter ihrer Flagge segelnden Schiffe streitig machten.

Stand nun allerdings auch die endliche Vernichtung eines die Menschheit schändenden Handels zu erwarten, so war doch das Loos der einmal in den Zustand der Knechtschaft Geworfenen ein Gegenstand, welcher noch immer das eifrige Bestreben der wahren Freunde der Menschheit und Sittlichkeit herausfoderte. Die Aufhebung der Sklaverei selbst, welche jetzt Wilberforce und die ihm Gleichgesinnten erstrebten, war eine um so schwierigere Aufgabe, als es hier nicht nur erst zu erwartende Vortheile aufzugeben galt, welche am Ende, wie sich gezeigt hatte, durch andere größere und ehrenvollere aufgewogen wurden, sondern es darauf ankam, sich eines nach bisher anerkanntem Rechte erworbenen, sehr bedeutenden Besitzes zu entäußern, ohne zu wissen, wie für denselben Entschädigung zu erlangen. Ja mit dem Aufgeben des Eigenthumsrechts über die Neger kam man in Gefahr, sein ganzes übriges Eigenthum zu verlieren. Wer sollte künftig die nothwendigen Arbeiten verrichten, denn von den durch sich selbst wenig zur Arbeit geneigten Negern waren gute Dienstboten nicht zu erwarten; und wie sollten die Neger, welche freiwillig nicht arbeiten wollten, erhalten werden? Der Misbrauch einer ungewohnten Freiheit konnte eine Umwälzung aller bestehenden Verhältnisse zum gänzlichen Verderben der bisherigen Eigenthümer zur Folge haben. Schrecken erregende Beispiele, wie die bisherigen Sklaven gegen ihre Herren wütheten, wenn es ihnen gelang, zur Übermacht zu gelangen, lagen in Barbados, Portorico, Martinique und andern Inseln vor. Es war daher eine weitverbreitete Meinung, daß die Neger die Freiheit nicht zu ertragen vermöchten, welche sich den Bemühungen Wilberforce's entgegenstellte. Derselbe hatte vorgeschlagen, die Neger in den brit. Colonien als brit. Unterthanen zu behandeln und ihre Kinder zu einem freien Bauernstande aufzuziehen. Wenn nun dieses auch nicht alsbald in Ausführung kam, so hatte doch schon früher die engl. Gesetzgebung dafür gesorgt, daß die Sklaven nicht mehr der Willkür ihrer Herren, wie früher, preisgegeben wären, sondern in einem rechtlichen Zustande gehalten würden. Durch das Gesetz vom 28. Aug. 1833 ist im engl. Parlament endlich die Aufhebung der Sklaverei für alle Zeiten beschlossen worden. Der Umstand jedoch, daß man von einer plötzlichen Freigebung der zur Arbeitsscheu geneigten und zum Theil gegen die Weißen erbitterten Schwarzen die gefährlichsten Excesse fürchten mußte, machte noch besondere Vorsichtsmaßregeln nöthig. Es wurde festgesetzt, daß alle Sklavenkinder, welche am 1. Aug. 1834 noch nicht sechs Jahre alt wären und die, welche später noch geboren würden, sofort völlig frei sein sollten, daß aber alle übrigen zwar von demselben Zeitpunkte an auch als freie Menschen geachtet, aber doch noch auf einige Jahre von ihren Herren zur Arbeit benutzt und angehalten werden sollten. Diese Lehrlingsarbeiter zerfielen nun in drei Classen: 1) Landarbeiter, die an gewisse Grundstücke gebunden sind und von diesen nicht getrennt werden dürfen; 2) Landarbeiter, welche nicht an Grundstücke gebunden sind, und 3) alle übrigen Arbeiter. Die letzten sollten den 1. Aug. 1838, die zu den beiden ersten Classen gehörigen sollten 1840 zum Genuß völliger Freiheit gelangen. Es wurde ferner bestimmt, daß bis zu diesem Zeitpunkte kein Arbeiter zu mehr als 45 Stunden Arbeitszeit wöchentlich angehalten werden dürfe, und daß eine Verlängerung dieser Arbeitszeit bis noch auf 15 Stunden nur als Strafe durch richterlichen Ausspruch ihnen zuerkannt werden könnte. Das Parlament bewilligte zugleich eine Summe von 20 Mill. Pf. St. zur Entschädigung für die Herren der Sklaven Über das Verhältniß der Lehrlingsschaft wurden indeß bald bittere Klagen erhoben, indem die Herren keineswegs überall den bisherigen Druck aufhoben. Daher kam 1838 der Antrag an das Parlament, mit dem 1. Aug. 1838 die Lehrlingsschaft aufhören und völlige Befreiung der Neger eintreten zu lassen, und wurde auch in einem wenig gefüllten Hause wirklich durchgesetzt, bald darauf aber wieder zurückgenommen. Die allgemeine Stimme erklärte sich jedoch unzweideutig für Abschaffung der Lehrlingsschaft. So entschlossen sich denn die Pflanzer in den westind. Colonien freiwillig, auf die ihnen während der Lehrlingszeit noch zustehenden Rechte Verzicht zu leisten. Dagegen fanden sie neue Mittel, unter neuem Namen das alte Abhängigkeitsverhältniß fortbestehen zu lassen, und bedienten sich dabei der härtesten Grausamkeit. Die Gesetze, welche, um diesem Übelstande entgegenzuarbeiten, erlassen werden mußten, fanden große Hindernisse bei ihrer Geltendmachung, und die engl. Regierung hat in dieser Beziehung noch bis jetzt zu kämpfen Unveränderlich besteht die Sklaverei noch bei den zum Mohammedanismus sich bekennenden Völkern, und dieselben haben größtentheils Weiße als Sklaven, auf welche die Barbaresken seit langer Zeit förmlich Jagd machten, um sie zu verkaufen. Die Behandlung der Sklaven ist hier gänzlich den Herren überlassen, indeß ist sie doch im Allgemeinen milder als die Behandlung der schwarzen Sklaven durch die Christen. Nicht wie diese sind nämlich die Mohammedaner gewerbthätig und gewinnsüchtig, vielmehr träge und genußsüchtig, und so benutzen sie ihre Sklaven nicht zum unersättlichen Erwerb, sondern zur Beförderung ihrer Bequemlichkeit. Besonders durch die Kreuzzüge wurde diese Sklaverei befördert und durch die Seeräuberei, welche die Barbaresken zum Erwerbszweige machten. Mehre Male unternahmen christliche Staaten Feldzüge, um die Raubstaaten zu züchtigen, z.B. 1270 die zur h. Allianz verbündeten Staaten [206] Frankreich und England, 1389 Engländer, Franzosen, Genueser und Venetianer. Die europ. Staaten vermochten sich aber gegen jene Seeräuber lange nur durch erkaufte Verträge einigermaßen zu schützen, doch wurden auch diese Verträge nur so lange gehalten, als es den Raubstaaten gutdünkte. Auf dem Congresse zu Wien und 1818 zu Aachen wurde die Abschaffung der Sklaverei der Weißen und der Seeräuberei als eine allgemein europ. Angelegenheit in Betracht gezogen, und 1818 England und Frankreich aufgegeben, im Namen der verbündeten Mächte die Deis in den Barbareskenstaaten zur Annahme des in den christlichen europ. Staaten geltenden Völkerrechts anzuhalten, aber ohne daß es dadurch zu dem gewünschten Resultate kam. Frankreich hat endlich durch die Einnahme Algiers (s.d.) wenigstens einem der Raubstaaten, durch welchen der Menschenhandel besonders befördert wurde, mit Gewalt ein Ende gemacht.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 202-207.
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