Island

[464] Island, d.h. Eisland, eine zum dän. Staate gehörende Insel, liegt zwischen Norwegen und Grönland unter dem Polarkreise und wird gewöhnlich zu Europa, richtiger aber zu Nordamerika gerechnet. Sie ist durchweg gebirgig und besteht aus einer ungeheuren Felsenmasse, die, wiewol ganz und gar vulkanisch, doch mit ewigem Schnee und Eis bedeckt ist. Die Insel hat nicht weniger als 29 Vulkane, unter denen der Hekla (s.d.) unsern von der Südküste der berühmteste ist. Der Oeräfe Jökul erhebt sich bis 6240 F. Eine Merkwürdigkeit sind die vielen heißen Quellen, namentlich die beiden Geiser (s.d.). In dem heißen Wasser kochen die Isländer ihre Nahrungsmittel. Es ist viel Torf und fossiles Holz vorhanden; die Wälder aber, welche in frühern Zeiten die Thäler an der Südküste bedeckten, sind leider ausgerodet worden; doch fehlt es nicht an Feuerung und Bauholz, weil das Meer ungeheure Massen von Treibholz ans Ufer wirst. Besonders reich ist I. an Schwefel. Das Klima ist rauh, stürmisch und kalt und wenn sich große Eismassen an der Insel stauen, so verbreiten dieselben eine solche Kälte, daß mehre Jahre hintereinander das Getreide nicht reif werden kann und aller Pflanzenwuchs beinahe aufhört; im Laufe eines einzigen Jahrhunderts hatte I. 43 Jahre Miswachs, und 14 Mal herrschte Hungersnoth. Die Hauptproducte sind: das bekannte isländ. Moos, etwas Getreide und Hafer, Pferde, Rindvieh, das keine Hörner hat, während die Widder deren oft drei, ja vier haben, Rennthiere, die aber hier nicht einheimisch waren und erst 1770 eingeführt wurden, Füchse, die ein geschätzes Pelzwerk liefern, weiße Bären, welche zuweilen über das Eis kommen, Eidergänse und weiße Edelfalken. Das Meer und die Flüsse, z.B. die Hvit-aa und andere, sind ergiebig an Fischen, namentlich Salmen, Hechten, Kabeljau, Heringen, Walfischen und Seehunden. Der Flächeninhalt der Insel beträgt etwa 1800 ! M.; bewohnt und angebaut ist sie nur an der Süd- und Westküste; das Übrige ist öde Wüstenei. Die Hauptstadt ist Reikevig oder Reikiawik an der Südwestküste mit 600 Einw. Sie ist Sitz des Oberamtmanns und Obergerichts, hat einen Bischof, ein Lyceum, eine Druckerei, zwei Zeitungen und eine gelehrte Gesellschaft, die sich besonders mit isländ. Literatur beschäftigt und mit der Gesellschaft der Alterthumsforscher in Kopenhagen in Verbindung steht. Die kleine Stadt oder vielmehr das Dorf Holum hatte schon 1530 eine Druckerei, während es den meisten Städten des östl. Europas noch an einer solchen fehlte.

I., das gegenwärtig etwa 55,000 Einw. zählt, ist von Norwegen aus bevölkert worden und die Isländer sind daher skandinavischen Stammes, gut gewachsen, von vortrefflichem Charakter und sehr gastfrei. Ihre Hauptbeschäftigungen sind der Fischfang, Viehzucht (in einem einzigen Hungerjahre, in welchem auch 9000 Menschen starben, verlor die Insel 28,000 Pferde, 11,000 Stück Rindvieh und 190,000 Schafe) und Strickerei. Es werden jährlich 150,000 Paar wollene Strümpfe und ebenso viele Paar Handschuhe ausgeführt. Die Einw. kleiden sich einfach aber sauber, und es herrscht unter ihnen eine so allgemeine Bildung, wie nirgend anderswo. Es ist kein Erwachsener auf der Insel, der nicht wenigstens lesen und schreiben könnte. – I. ist wahrscheinlich schon lange vor dem 9. Jahrh. von Irländern entdeckt worden, es wurde aber erst seit 861, als der Seeräuber Nadodd es auffand, bekannter. Um diese Zeit bezwang in Norwegen König Harald Schönhaar die vielen kleinen Häuptlinge, von denen manche sich seiner Herrschaft entzogen und nach I. flüchteten, wo sie Ansiedelungen gründeten. Sie brachten ihre historischen Traditionen mit sich, ihre Religions- und Götterlehre, ihre Poesie und die Sitten ihrer alten Heimat, und unter dem Polarkreise fangen die Skalden Loblieder zu Odin's Ehre und Preis. Snorro Sturleson, der Verfasser der berühmten Edda, war ein Isländer. Späterhin zeichneten sie sich auch als Reisende aus, und manche von ihnen haben zu den Zeiten der Kreuzzüge Jerusalem besucht; denn schon 981 wurde auf der Insel das Christenthum eingeführt. So lange sie unabhängig war, hatte sie eine republikanische Regierungsform, und die höchste obrigkeitliche Person war ein Lagman, d.h. ein Mann des Gesetzes; 1261 aber, als bürgerliche Zwistigkeiten entstanden waren, unterwarf sich die Insel dem König Hakon VI. von Norwegen und seit der kalmarer Union 1397 ist sie stets in Abhängigkeit von Dänemark geblieben. Die Reformation ward 1540 von König Christian III. eingeführt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 464.
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