Hering

Hering

[376] Hering oder Häring (der) ist der bekannteste Seefisch, welcher alljährlich große Züge macht, auf diesen eingefangen, eingesalzen oder geräuchert und weithin verschickt wird.

Die Gestalt dieses Fisches ist allgemein bekannt. Er findet sich in den nördl. Meeren und kommt aus diesen in ungeheuren Zügen in die Nord- und Ostsee. In der letztern wird er eigentlich Strömling genannt und ist kleiner als der Nordseehering. Es ist gegenwärtig gewiß, daß das Auftreten der Heringe eine Folge des Umstandes ist, daß sich diese Fische in die Gegenden der Küsten begeben, um hier zu laichen. Ehemals glaubte man, ihre eigentliche Heimat seien die Polargegenden, aus denen sie sich nur fortbegäben, weil sie sich in zu großer Menge vermehrt hätten. Die meisten Heringe erscheinen um Johannis und nach dieser Zeit an den schot. Küsten und dann an den engl. und irländ. Wie ungeheuer die Vermehrung dieses Fisches sein müsse, kann man nicht nur aus der großen Anzahl, welche jährlich gefangen werden, sondern auch aus den vielen Erzählungen entnehmen, daß Küstengegenden bei heftigen Sturmfluten mit Heringen überschüttet worden sind. So wurde vor einigen Jahren bei einem Sturme eine mehre Meilen lange Strecke der schot. Küste mehre Fuß hoch mit diesen Fischen überschüttet. Die Heringsfischerei, einer der ansehnlichsten Erwerbszweige aller Küstenvölker der Nord- und Ostsee, war ehemals vorzüglich in den Händen der Holländer, und noch gegenwärtig gelten die holl. Heringe für die besten. Sie beginnen die Heringsfischerei erst mit dem Tage nach Johannis und setzen sie bis zum 25. Jan. fort, bedienen sich nur solcher Netze, welche hinreichend große Maschen haben, damit die kleinern Heringe entweichen können, sortiren die Heringe vor dem letzten Verpacken sorgfältig und packen sie nur in Tonnen von hartem Holze, weil weiches, harziges Holz ihnen einen schlechten Beigeschmack gibt, wie dieses bei den übrigens sehr schönen norweg. und den großen schot. Heringen der Fall ist. Nächst den holländ. sind besonders die emdener Heringe geschätzt, weniger die engl. Die schwed. Heringe sind klein und mager, aber wohlfeil. Da die neuen Heringe, d.h. diejenigen, welche zuerst gefangen werden, sehr beliebt sind, so werden die Schiffe, welche auf den Heringsfang gehen, Buysen genannt, von Jachten begleitet, welche die Heringe, gleich nachdem sie eingefangen und eingesalzen, nach den Häfen bringen. Man nennt diese Heringe daher auch Jachtheringe. Der eingesalzene Hering heißt Böckel- oder Pöckelhering, von Wilh. Bökel (s.d.) dem Erfinder des Einsalzens der Heringe. Man unterscheidet die Heringe vorzüglich in zwei Sorten, nämlich die kleinere Sorte der Hohlheringe, welche bereits gelaicht und daher keinen Rogen und keine Milch mehr haben, und die größere fettere Sorte der Vollheringe. Die besten zuerst gefangenen Heringe heißen Maiken oder Majeken. Die schlechten Ausschußsorten heißen Wrack, Wrackwrack und Stankheringe. Der gute Hering muß weißes Fleisch und einen breiten, fetten und fleischigen Rücken haben. Außerdem, daß der Hering mit Seesalz eingesalzen wird, pflegt man auch große Mengen derselben zu räuchern und sie dann Bücklinge zu nennen. Mit besonderer Sorgfalt räuchert man die sich durch Fettigkeit auszeichnenden Heringe, welche die Speckbücklinge geben. Besonders zu Gothenburg in Schweden und zu Bergen in Norwegen verfertigt man aus den Heringen einen durch Klarheit und beim Brennen durch wenig Rauch sich auszeichnenden Thran. In den Gegenden, wo er gefangen wird, genießt man den Hering auch frisch. Solche sogenannte grüne Heringe sind wohlschmeckend, halten sich aber nicht lange. Bekannt sind die marinirten Heringe, welche mit Essig und mancherlei Gewürz eingelegt sind. Ehemals waren die Heringe seltener als gegenwärtig und galten für eine kostbare Leckerei. [376] Ein dem Heringe verwandter Fisch ist die hier abgebildete Heringsmutter oder Alse, die 2–3 F. lang und ziemlich breit wird, aber außerordentlich dünn ist. Auf dem Rücken ist sie gelbgrünlich, an der Seite weiß. Der Oberkiefer des kleinen Kopfes steht etwas hinter dem Unterkiefer zurück und ist mit kleinen Zähnen versehen. Die Alse kommt in die Mündungen der Flüsse, um zu laichen, und hat ein wohlschmeckendes Fleisch.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 376-377.
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