Fleisch

[55] Fleisch bezeichnet im Allgemeinen die Weichtheile, streng genommen aber nur die Muskeln des menschlichen oder thierischen Körpers, die, wie bekannt, aus einer doppelten Art von Fasern, den eigentlichen Fleischfasern und den Sehnenfasern, bestehen. Die eigentlichen Fleischfasern haben eine röthliche Färbung, sind weich, reizbar und empfindlich, die kleinsten derselben, die man mit bloßen Augen unterscheiden kann, sind dünne, cylindrische, halbdurchsichtige Fäden, deren jeder aus einer Reihe von Kügelchen besteht und deren mehre zu kleinern Bündeln verbunden sind, die sich wieder zu größern Bündeln und endlich zu einem Muskel vereinigen. Das Fleisch der Thiere ist eines der gewöhnlichsten Nahrungsmittel des Menschen und zwar dasjenige, welches den meisten Wiederersatz gewährt, mithin das nahrhafteste von allen. Thatsache ist es, daß Menschen, die sich mehr an Fleischkost halten, im Allgemeinen kräftiger sind, als solche, die mehr von Pflanzenkost leben. Ausschließlicher oder auch nur allzureichlicher Genuß des Fleisches begründet aber eine Anlage zu Krankheiten, die man sehr gewöhnlich von bösen Säften ableitet, außerdem wollen Manche davon sogar einen nachtheiligen Einfluß auf das Gemüth des Menschen beobachtet haben. Beschaffenheit und Zubereitung des Fleisches kommen übrigens bei Beurtheilung seiner Zweckmäßigkeit als Nahrungsmittel sehr in Betracht. Nicht das Fleisch von allen Thieren eignet sich zum Nahrungsmittel. Am schmackhaftesten und zuträglichsten ist im Allgemeinen das der jungen Thiere, welche sich von Pflanzen nähren, während das fleischfressender meistens einen widrigen, ranzigen Geschmack hat und zum Genusse untauglich ist. Je weißer das Fleisch, wie z.B. das der Hühner, Truthühner, Fasanen u.s.w., desto weniger reizend ist es. Jüngere Thiere haben ein weicheres, wässerigeres, minder nahrhaftes Fleisch als alte Thiere, dagegen ist das sehr alter Thiere wieder zu zähe und zu schwer auflöslich, um ein dienliches Nahrungsmittel abzugeben. Fettes Fleisch verlangt eine sehr kräftige Verdauung, außerdem erregt es allerhand Magenbeschwerden Thiere, die viel Bewegung haben, geben ein saftigeres, gesünderes Fleisch als solche, die in Ruhe leben, indeß kann dasselbe durch zu viele Bewegung hart und schwer verdaulich werden. Abgesehen davon übt das Futter, welches die Thiere erhalten, einen wesentlichen Einfluß auf die Beschaffenheit und Zuträglichkeit ihres Fleisches aus. Das von kranken oder gefallenen Thieren ist als Nahrungsmittel gefährlich, ja selbst das stark getriebener Thiere [55] nicht zuträglich. Geräuchertes Fleisch hat reizende Eigenschaften und ist wegen der Zähigkeit, Trockenheit und Zusammenschrumpfung seiner Fasern weit minder nahrhaft als das frische, ebenso das Pökelfleisch. – Wildes Fleisch nennt man die aufschießenden und sich über die Fläche der gefunden Theile erhebenden Fleischwärzchen in gewöhnlich schlecht eiternden Wunden.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 55-56.
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