Torf

[451] Torf und Turf. Man gibt diesen Namen einer eigenthümlichen kohligen, mit Säuren, Salzen, erdigen und harzigen Stoffen und brenzlichem Öle gemengten und von mehr oder minder veränderten Pflanzentheilen durchsetzten Masse, deren Bildung durch das Verwesen von Pflanzen unter einer Wasserschicht begünstigt wird. Indem dieses den Zutritt der atmosphärischen Luft zu denselben beschränkt, verhindert es deren Fäulniß und Verwandlung in Dammerde. Gesunden wird der Torf meist in sehr tief liegenden Gegenden, allein [451] auch an sehr hohen Stellen, wie z.B. auf dem Brocken, jedoch fast allemal an Orten, die naß und sumpfig sind. Wo der Boden diese Eigenschaft hat, dabei schwarz oder dunkelbraun gefärbt, elastisch, mit Binsen, Ried- und Wollgras, Schilf, Torfmoos bewachsen ist, das darauf stehende oder durchfließende Wasser eine bräunliche Färbung hat und unangenehm riecht, wird man in der Tiefe gewöhnlich Torf finden. Er bildet zuweilen mehre Meilen lange und breite Lager, die sogenannten Torfmoore, auch nur Moore und im südl. Deutschland Moose genannt, von verschiedener Tiefe (Mächtigkeit), die mitunter 30 F. beträgt. Der dicht an der Oberfläche des Bodens gefundene Torf pflegt leicht und schwammig, auch von heller Farbe zu sein und besteht aus wenig veränderten Pflanzentheilen; er brennt leichter und hitzt weniger als der aus tiefern Schichten, welcher dunkler gefärbt und schwerer und an harzigen Theilen reicher ist. In den untersten Lagen findet man einen den Steinkohlen ähnlichen Torf (Klipptorf), welcher auch wie diese abgeschwefelt und zu einem ausgezeichneten Feuerungsmaterial für Schmiede u.s.w. bereitet wird. Zuweilen kommt dicht unter einer mit Haide bewachsenen Fläche eine kaum 1 F. starke Schicht Torf vor, der aber auch sehr leicht ist und Rasen- oder Plaggentorf genannt wird. Eine vortreffliche Art ist dagegen der Baggertorf, welcher vom Boden mancher Seen, Kanäle und Moräste mit offenem Wasser, als Schlamm mit engen Netzen herausgefischt wird, deren untere Kante ein scharfes Eisen ist und seinen Namen von dem flachen Fahrzeug (Baggert) hat, dessen man sich in Holland dazu bedient. In dieses werden auch die Netze geleert, der Schlamm darin durchgearbeitet, endlich an trockenen Orten gelandet, in Formen gedrückt und vollends getrocknet. Ein Ort, wo Torf gegraben wird, heißt Torfgrube oder ein Torfstich. Man zieht dabei gewöhnlich einen Graben, räumt zu beiden Seiten desselben die Bedeckung des Torflagers weg, macht dann so weit ab vom Grabenrande als die Torfsteine (weil sie die Form von Backsteinen erhalten) lang werden sollen, nach der Schnur mit breiten Spaten einen senkrechten Einstich, worauf der Torfstecher vom Graben aus die Torfstücke mit der eisernen Stechschaufel wagerecht absticht. Diese ist so lang und breit, wie dieselben werden sollen, und mit einer rechtwinklichen, stehenden Seitenwand ( Torf) versehen, sodaß jedesmal ein fertiger Torfstein erhalten wird, der dann zum Trocknen an den bestimmten Platz gebracht werden kann. Bei der Benutzung des Torfs zur Feuerung hat sich oft als wesentliches Hinderniß ergeben, daß der große Raum, welchen er verlangt, eine ungewöhnlich starke Hitze nur schwer hervorzubringen erlaubt. Man hat daher, dem abzuhelfen, die getrockneten Torfstücken stark zusammengepreßt, aber bei dem dazu nöthigen Aufwande an Zeit, Arbeit und einem bemerkten Verluste an Hitzkraft den gewünschten Zweck nur unvollständig erreicht. Vortheilhafter bewies sich dagegen ein Verfahren, nach welchem die Torfstücken in einem wenig über Siedhitze erwärmten Ofen getrocknet wurden, dabei eine große Festigkeit erlangten und fast um die Hälfte ihres Umfangs zusammengingen. Der Werth des Torfs hinsichtlich seiner Hitzkraft ist übrigens sehr verschieden, indem mancher darin eine dem Umfange nach gleiche Menge Kiefernholz noch übertrifft und anderer kaum den dritten Theil so viel Wärme gibt. Die durch Verkohlen des Torfs (was, wie beim Holze in Meilern, aber auch in dazu eigens eingerichteten Torfkohlenöfen bewirkt wird), erhaltene Torfkohle gleicht der Holzkohle und kann, wenn sie gut ist, zu denselben Zwecken benutzt werden. Torfabfälle und Torfasche, besonders mit Kalk gemengt, sind ein vortrefflicher Dünger für Obst- und Gemüsegärten und Feld. Wo die Vorbedingungen dazu vorhanden sind, wächst der ausgestochene Torf auch wieder nach; es gehören dazu namentlich erdharziges Wasser und jene Pflanzen, welche in. Moorwasser von selbst gedeihen. Man sorgt dann dafür, daß die ausgetorften Stellen unter Wasser gesetzt werden, in welchem sich im ersten Jahre ein schleimiges, grünes Moos bildet. Dieses verdickt sich im zweiten zuweilen schon zu einer 2 F. hohen Masse und wird in der Folge von kräftigern Moosen, die dem von der Luft herbeigeführten Staub und den Pflanzensamen einen festen Anhalt geben, verdrängt. In ihm wurzeln Gräser und Sumpfpflanzen und drücken das schwimmende Beet allmälig auf den Boden hinab. Die untern Lagen werden von den oben nachwachsenden zusammengedrückt, und man nimmt an, daß nach etwa 50 Jahren wieder eine 4–5 F. starke Lage Torf vorhanden sein kann. Als Feuerung benutzt wurde der Torf schon zur Römerzeit von an der Weser wohnenden Volksstämmen, allgemeiner geworden ist seine Verwendung aber erst in Holland und Deutschland seit dem 12., in Frankreich seit dem 17. Jahrh.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 451-452.
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