Lager

[690] Lager, ein im Allgemeinen einen Aufenthaltsort bezeichnendes Wort, wird vorzugsweise im Kriegswesen zur Bezeichnung des Orts gebraucht, an welchem sich die Soldaten in größern Abtheilungen während der Nacht, oder mehre Tage und Nächte lang im Freien aufhalten, lagern oder campiren. Wenn die Truppen nur auf eine Nacht zum Aufenthalt im Freien genöthigt sind, namentlich wenn der Feind in der Nähe ist und die Krieger jeden Augenblick schlagfertig sein müssen, so pflegen sie sich, ohne die Kleidung abzuthun, nur in die Mäntel gehüllt, auf den Boden zu legen, und man nennt diese Art von Lager Bivouac, ein franz. Wort, welches von dem deutschen Beiwacht gebildet ist. In den letzten Kriegen mit Frankreich kam diese Art zu lagern in allen Armeen auf, sodaß die eigentlichen Lager unter Zelten nur noch bei den Engländern eingeführt blieben. In dem eigentlichen Lager nämlich sind die Soldaten durch Hütten aus Stroh oder Baumzweigen oder durch Zelte aus Leinwand vor den nachtheiligen Einflüssen der Witterung geschützt. In nuenester Zeit sind auch bei der preuß. Armee die Zelte wieder eingeführt worden. Die Lager sind entweder Marschlager oder Standlager. Jene sind nur leicht aufgeschlagen, weil sie nur zum Campiren während einer kurzen Zeit dienen sollen; diese werden künstlicher angelegt und je nach dem Zwecke, zu dem sie bestimmt sind. Im Allgemeinen muß bei den Standlagern während des Krieges auf die Festigkeit des Orts Rücksicht genommen werden; es müssen wol auch Befestigungen angelegt werden, um vor einem Überfalle sicher zu sein, und eine Hauptrücksicht ist die auf die Operationen, welche vom Lager aus gegen den Feind unternommen werden sollen. Im Frieden, bei Manoeuvern oder Revuen, werden häufig Lustlager bezogen, bei denen man allerdings auch zur militairischen Übung alle die Rücksichten nimmt, welche bei Standlagern im Kriege zu nehmen sind, überdies aber auch auf die Eleganz der Einrichtung Werth legt. Nicht nur für die nöthigsten Bedürfnisse, zu denen namentlich die Anlegung von Brunnen oder die Zuleitung guten Wassers gehört, wird gesorgt, sondern man sucht auch den Kriegern und den hohen Personen, welche dem Manoeuvre oder der Revue beiwohnen, die höhern Genüsse des Lebens zu verschaffen. Die Lustlager der preuß. und der russ. Armeen haben in dieser Beziehung in neuester Zeit Aufsehen erregt.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 690.
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