Der Marschall

[29] Der Marschall, Marschalk (franz. Marechall). Man hat sehr vielerlei Meinungen über die Etymologie dieses Worts. Manche haben es von Mars, dem Kriegsgotte, und Schall, einem feinen, listigen Diener, hergeleitet, so daß es also gleichsam einen im Kriege wohlerfahrnen Diener bezeichne; andre von Mar, Pferd und Schalk, also, der bei den Pferden angestellt wäre, Stallmeister oder dergl.; endlich auch von Mehrer, oder Mayer (einem Vorsteher, einem Versorger) und Saal, Hof, um damit einen obersten Vorsteher des Hofs – einen Oberhofmeister anzudeuten. Die letztere Bedeutung scheint allerdings mit der, welche man h. z. T. gewohnlich mit dem Hof-Marschall verbindet, übereinzukommen, welcher an Höfen allerdings einen der vornehmsten Hofbedienten ausmacht, von welchem die ganze innere Haushaltung des Hofs, der Küche, des Kellers u. s. w. und die Aussicht über die Hofbedienten abhangt, so daß er den gewöhnlichen Aufgang, die vorfallenden Gepränge beim Empfang fremder Gäste, bei besondern Feierlichkeiten und Festen bestreiten und besorgen muß: daher es auch ein besonderes Hofmarschall-Amt giebt, welches jenem untergeordnet ist. – So ist denn auch der Reichs-Marschall, Land-Erb-Marschall auf einem Reichs- oder Landtage derjenige unter den Reichs- oder Landständen, welcher auf die äußere Ordnung bei den Versammlungen der Stände sieht, den Vorsitz dabei fuhrt, den Vortrag hält etc. Er heißt Erbmarschall, in so fern dies Amt bei einem gewissen Geschlechte erblich ist. – Bei öffentlichen Feierlichkeiten, am Hofe oder unter Privatpersonen, werden öfters gewisse Personen zu Marschällen erwählt, weiche, so lange die Feierlichkeit dauert, den Zug, oder Abtheilungen desselben anführen, für Ordnung und Beobachtung des Anstandes dabei sorgen etc. und zum Zeichen ihrer Würde einen Marschalls-Stab [29] in der Hand führen. – Ein Feld-Marschall ferner (franz. Marechall de Camp) ist einer der vornehmsten Kriegsbeamten, welchem die Anordnung und Sicherheit des Lagers, die Aufsicht über den Marsch der Truppen etc. obliegt. – Endlich erwähne ich hier noch der ehemaligen Würde eines Reichs-Erz-Marschalls des deutschen Reichs, welcher als ein vornehmer Erzbeamter des Reichs bei Reichstagen und außerordentlichen Feierlichkeiten zugleich für die Unterbringung der dazu gehörigen Personen, so wie für Ordnung und gute Polizei sorgen mußte, und meistentheils dieses sein Amt wieder durch einen Erbmarschall verwalten ließ: dies Erz-Amt kam dem Churfürst von Sachsen zu. M. s. den Art. Sachsen, und zwar Th. V. S. 17.

Quelle:
Brockhaus Conversations-Lexikon Bd. 8. Leipzig 1811, S. 29-30.
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