Abdecker

[4] Abdecker oder Caviller, in Süddeutschland Wasenmeister, in der niedern Volkssprache Schinder, heißen letzt insbesondere die Knechte des Scharfrichters (s.d.), da fast nirgends mehr ein besonderer Henker, unter dem sie sonst standen, angestellt ist, und da dessen Verrichtungen meist dem Scharfrichter übertragen sind. Sie vollziehen die sogenannten ehrlosen Todesstrafen, z.B. das Aufhängen am Galgen; haben die Körper der Gerichteten auf das Rad zu flechten, und zu vergraben; bringen die zum Vergraben auf dem Schindanger verurtheilten Selbstmörder und vor der Hinrichtung verstorbenen Verbrecher hinaus; haben das Abziehen und Vergraben des gefallenen Viehes und das Fortschaffen polizeiwidrig geschlachteter Thiere zu besorgen; müssen toll gewordene Thiere tödten und fangen zu bestimmten Zeiten, an manchen Orten, die herrenlosen Hunde ein, um sie zu erschlagen. Die Gebühren des Abdeckers waren früher sehr bedeutend, sind aber gegenwärtig, wo sie der Scharfrichter in Empfang nimmt, gesetzlich bestimmt; auch erhält er bei Hinrichtungen nur die Kleider, welche der Hingerichtete trägt, während er sonst vieles Andere in Anspruch nahm. Schon bei den Römern war der Abdecker anrüchig; er durfte nicht Bürger werden, mußte außerhalb der Stadt wohnen und war durch ein Glöcklein, welches er trug, ausgezeichnet. Auch nach deutschem Rechte wird er in die Zünfte, sowie ins Militair nicht aufgenommen und ist zu Ehrenämtern unfähig. Die früher sogar reichsgesetzliche Anrüchigkeit seiner Kinder ist jedoch aufgehoben; seine Söhne müssen, insofern sie nicht die Abdeckerei getrieben haben, in jedes Handwerk aufgenommen werden, und die Töchter kann, unbeschadet seiner Ehre, ein Jeder heirathen.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 4.
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