Hund

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[423] Hund (der), das bekannte Hausthier, enthält eine sehr große Anzahl verschiedener voneinander in Gestalt und Größe abweichender Arten und zeigt eine Verwandtschaft mit dem Wolf, Schakal und Fuchs, welche sich besonders dadurch [423] ausspricht, daß er sich mit diesen Thieren begattet und welche Veranlassung geworden ist, daß man die in neuerer Zeit wieder in Zweifel gezogene Behauptung aufgestellt hat, der Hund stamme von den genannten Raubthieren ursprünglich ab und die verschiedenen Arten haben sich erst nach der Zähmung durch die Cultur und durch das Klima gebildet.

Einen wilden Hund, der als Stammvater des ganzen ausgebreiteten Hundegeschlechts angesehen werden könnte, hat man nicht gefunden, auch wird in der Geschichte niemals einer Zeit Erwähnung gethan, in welcher man angefangen hätte, die wilden Hunde zu zähmen; vielmehr erscheint der Hund schon in den ältesten Zeiten als treuer Begleiter und Diener des Menschen. Die Alten haben jedoch beiweitem weniger Racen gekannt, woraus man sieht, daß zur Vermehrung derselben in neuerer Zeit der Umstand wesentlich beigetragen hat, daß man die Hundezucht methodisch betrieben hat und darauf ausgegangen ist, durch Paarung unterschiedener Arten neue, durch gewisse Vorzüge ausgezeichnete, herzustellen. Die Vorzüge aller Hunde, welche sich jedoch bei den verschiedenen Racen in verschieden hohem Grade ausgebildet zeigen, sind Treue und Gehorsam gegen seinen Herrn, Wachsamkeit, Klugheit, Behendigkeit, Unermüdlichkeit und die größte Fähigkeit, sich zu allerlei unterhaltenden und nützlichen Fertigkeiten abrichten zu lassen. Die Hunde zeigen zuweilen [424] einen Überlegung verrathenden Verstand und es scheint gewiß zu sein, daß die Hunde durch den steten Umgang mit Menschen selbst eine oft das Thierische überwiegende Ausbildung erlangt haben, vielleicht ganz in derselben Art, wie man die Bemerkung machen kann, daß der nur mit Thieren verkehrende Mensch etwas von thierischer Roheit annimmt.

Die zahlreichen Varietäten der Hunde hat man, um zu einiger Übersicht über sie zu gelangen, in verschiedene Racen abgetheilt. Zur ersten dieser Racen gehören die Spitzhunde, deren unterscheidendes Kennzeichen aufrecht stehende Ohren sind. Sie zeichnen sich durch Wachsamkeit und Gelehrigkeit aus, sind aber sehr bissig und werden leicht toll. Der große Spitz oder Pommer hat kleine spitze Ohren, eine lange Schnauze, lange Haare und einen aufwärts nach links gekrümmten Schwanz. Eine Varietät desselben, der sibir. Hund, ist oben abgebildet. Hierher gehört auch der zottige Schäferhund mit kleinen, halb aufrecht stehenden Ohren, langer, dicker Schnauze, dicken, struppigen, graumelirten Haaren, der sehr verständig und muthig ist. Auch der Zigeuner- oder Heidenhund, welchen die Zigeuner mit sich führen und der zu allerlei Künsten, besonders zum Tanzen, abgerichtet wird, glatte, fahle Haare, eine kurze, breite Schnauze und eine breite Brust hat, gehört, sowie der isländ. Hund mit langen, glatten Haaren, kurzen Beinen, kurzer, spitzer Schnauze und an der Spitze herabhängenden Ohren, zu den Spitzen. Die zweite Classe bilden die Seiden- und Pudelhunde, deren charakteristische Abzeichen hängende Ohren, zottiges Fell, rundlicher Schädel und kurze Schnauze sind. Ihre vorzüglichste Tugend ist Treue und Anhänglichkeit, daher besonders die kleinern Arten, wie das Bologneserhündchen, welches zuweilen nur die Größe eines Eichhörnchens erreicht, und das nicht größere Löwenhündchen als Schoßhunde gepflegt werden. Größer als die genannten und durch sein schönes, langes, seidenartiges Haar, seine schön behangene, herabhängende, unten umgekrümmte Ruthe und glatte längliche Schnauze ausgezeichnet ist der engl. Pudelwachtelhund. Der eigentliche Pudel ist das gelehrigste Thier, hat ein krauseres Haar, eine kurze, langbehaarte Schnauze und einen fast geraden, kürzern Schwanz. Die dritte Classe bilden die Wind- und Bluthunde mit hängenden Ohren, langer, kegelförmiger Schnauze und länglichem Schädel. Der eigentliche Windhund oder das Windspiel zeichnet sich durch seinen langen Kopf, dünnen, eingezogenen Leib, seine langen dünnen Beine und seinen langen herabhängenden Schwanz aus. Er ist feig und treulos, hat aber äußerst scharfes Gesicht und Gehör und läuft so schnell, daß er einen Hafen einzuholen vermag. Man unterscheidet große und kleine, glatte und zottige Windspiele. Verwandt ist ihnen der Fleischerhund mit seinen verschiedenen Abarten, der wegen seiner Größe und Stärke, sowie wegen seines Muthes und seiner Gelehrigkeit als Wacht- und Jagdhund benutzt wird. Sein Kopf ist lang und mager, die Ohren sind halb hängend, das Haar anliegend. Die ausgezeichnetsten Arten sind die große dänische Dogge, der Schweinsrüde, der Sausin der, der Hetzhund u.a. Zu der vierten Classe der Wild- oder Jagdhunde mit herabhängenden Ohren und Lippen, stumpfer Schnauze und rundlichem Schädel gehört zunächst der Dachs, der theils klein und krummbeinig, theils größer und geradbeinig ist. Von der letztern Art ist der glatte Pinscher. Auch der auf der Jagd so überaus nützliche bekannte Hühnerhund, der entweder feinhaarig oder rauchhaarig ist, gehört hierher. Der glatthaarige oder Bluthund ist gewöhnlich etwas kleiner als der rauchhaarige Vorsteh- oder Wasserhund. Die merkwürdigsten unter den zu dieser Classe gehörigen Hunden sind die Bullen- oder Bärenbeißer, welche zum Theil von kolossaler Größe sind und einen dicken, breiten Kopf mit platter Stirn, immer geifernde Wangen, kurzen, dicken Hals und glatte, kurze Haare haben. Sie zeichnen sich durch Treue gegen ihren Herrn, ungemeinen Muth, gewaltige Stärke und zum Theil durch seltene Klugheit aus. Ein Theil derselben hat Schwimmhäute zwischen den Füßen und nicht selten eine gespaltene Nase (Doppelnase). Zu ihnen gehört die engl. Dogge, der Bernhardshund und der neufundländische Hund. Die engl. Dogge hat einen kurzen Kopf und sehr lang herabhängende Oberlippen; die Nasenlöcher sind durch eine tiefe Furche getrennt; an den Hinterfüßen tritt zuweilen noch eine fünfte Zehe auf. Übrigens ist dieser Hund träge, schwerfällig und dumm. Desto klüger ist der St.-Bernhardshund oder Alpenhund (s. Bernhardsberg), der oben abgebildet ist, jetzt aber ausgestorben sein soll. Er hat die Größe eines Kalbes, ist zottig, braun und gelbgefleckt. Der oben dargestellte neufundländ. Hund ist auch von beträchtlicher Größe, hat eine dicke Schnauze, lange, zottige, seidenartige Haare, schönen Schwanz und zwischen den Zehen eine große Schwimmhaut. Er kommt besonders in Neufundland vor und ist zur Wasserjagd überaus brauchbar, weil er wie ein Wasserthier schwimmen und sogar untertauchen kann. Auch zur Bewachung der Viehheerden wird er benutzt, indem er selbst den Wolf nicht fürchtet. Eine kleine Abart der Dogge ist der Mops, dem man die Ohren zu stutzen und die schon von Natur aufgeworfene Schnauze noch mehr nach oben zu drücken pflegt.

Man benutzt die Hunde nicht nur zur Bewachung der Gebäude, Gärten, Heerden, zur Jagd und zum Ziehen von Schlitten, Wagen u. dergl., sondern richtet sie zuweilen noch zu besondern Zwecken ab. So werden die großen und starken Hunde zum Packen und Stellen der Menschen abgerichtet, damit sie bei räuberischen Überfällen dem Reisenden Schutz gewähren. Ehemals nahm man die Hunde sogar in den Krieg mit, wie denn namentlich die Spanier Heerden von solchen Hunden gegen die amerikan. Wilden, mit denen sie zu kämpfen hatten, losließen. In England hat man die Hunde auch zum Aufsuchen der Diebe und Mörder abgerichtet, indem man sie gewöhnt, der Spur eines Menschen zu folgen, welche sie durch den Geruch erkennen. Man bringt sie an den Ort, wo das Verbrechen begangen worden ist und wo der Verbrecher also gestanden hat; sie verfolgen die Spur desselben mit untrüglicher Gewißheit, wenn nicht schon eine zu lange Zeit seit dem Verbrechen vergangen ist. In Holland hat man die Hunde zum Buttermachen, in Frankreich zum Bratenwenden abgerichtet. Man läßt sie zu diesem Zwecke in einem Tretrade (vgl. Göpel) gehen, welches an dem Spieße angebracht ist. In einigen Gegenden (z.B. in den ital. Städten Casal nuovo und Lecce und auf den Südseeinseln) ißt man das Hundefleisch als eine wohlschmeckende [425] Speise; das Fett hat man Lungenschwindsüchtigen empfohlen. Die Haut wird zu Schuhen und Handschuhen verwendet, auch als Pelzwerk; die Haare werden zu Hüten, Strümpfen, Saalleisten verarbeitet. Viele Theile der Hunde, namentlich der weiße Koth (als weißer Enzian) galten ehemals als Heilmittel. Der Hund ist vielen Krankheiten aus-gesetzt, von denen die Hundswuth (s.d.) die, selbst für Menschen, gefährlichste ist. Da man glaubt, daß sie durch das Vorhandensein zu vieler schlecht abgewarteter Hunde begünstigt wird, so hat man die Hunde an vielen Orten unter policeiliche Aufsicht gestellt, und damit die Menge der Hunde nicht überhand nehme, eine eigne Hunde steuer eingeführt. Zu gewissen, von der Policei angeordneten Zeiten (Hundeschlag) müssen alle Hunde mit einem Zeichen am Halsbande versehen werden und der Abdecker (Hundevogt) hat den Auftrag, alle nicht bezeichneten, also wahrscheinlich herrenlosen Hunde, aufzufangen und zu tödten.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 423-426.
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