Blutschande

[273] Blutschande oder nach dem Lateinischen Incest nennt man die geschlechtliche Vermischung von Personen, unter welchen aus sittlichen Beweggründen wegen der Nähe der Verwandtschaft oder Schwägerschaft die Ehe verboten ist. Wie weit aber diese Verbote der Ehe unter Verwandten anzunehmen seien, darüber sprachen sich von jeher die verschiedenen Gesetzgebungen sehr abweichend aus. Am weitesten dehnte das kanonische Recht dieselben zum Theil wol in der Absicht aus, um dadurch der geistlichen Gewalt mehr Gelegenheit zu den sehr einträglichen Dispensationen (s.d.) zu geben, und verwehrte sogar die Ehe zwischen Gevattern, welche ein Kind gemeinschaftlich aus der Taufe gehoben hatten, weil man annahm, daß sie dadurch geistig miteinander verwandt geworden. Nach heutigem gemeinen deutschen Rechte wird Blutschande zwischen Ascendenten und Descendenten oder Verwandten in auf- und absteigender Linie, z.B. zwischen Ältern und Kindern, Großältern und Enkeln, mit körperlicher Züchtigung und Zuchthaus oder öffentlicher Arbeit auf vier bis sechs Jahr, zwischen leiblichen Geschwistern mit körperlicher Züchtigung und ebenfalls mit Zuchthausstrafe auf zwei bis vier Jahr bestraft. Bei weniger nahen Verwandten erfolgt nach Verhältniß einjährige Gefängniß- und [273] in manchen Fällen Geldstrafe; auch treten zuweilen noch besondere Milderungsgründe ein.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 273-274.
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