Gerhard

Gerhard

[193] Gerhard (Paul), geb. 1606 zu Gräfenhainichen in Sachsen, wurde 1651 Propst zu Mittenwalde im Brandenburgischen und 1657 Diakonus an der Nicolaikirche zu Berlin. Standhaftes Festhalten am strengen Lutherthum bewog ihn, einige vom Kurfürsten erlassene, die Religion betreffende Edicte nicht anzunehmen, und deshalb wurde er 1666 seines Amtes entsetzt und des Landes verwiesen.

Er fand eine freundliche Aufnahme bei dem Herzog Christian von Sachsen-Merseburg, der ihm fürs Erste eine Pension gab und ihn 1669 zum Archidiakonus zu Lübben in der Niederlausitz ernannte. Hier blieb G., wurde nachmals Oberpastor und starb 1675. Paul G. hat die herrlichsten Kirchenlieder geschrieben, welche noch jetzt in allen protestantischen [193] Kirchen gesungen werden. Seine Lieder athmen das festeste Gottvertrauen, die innigste Frömmigkeit und sind dabei voller Kraft und Leben. Leider hat man geglaubt, sie durch Verbesserungen zeitgemäß erhalten zu müssen, und so stehen in den meisten Gesangbüchern die G.'schen Lieder auf eine Weise verstümmelt, daß ein großer Theil ihrer ursprünglichen Schönheiten nicht wieder zu erkennen ist. Von dem herrlichen Liede »Befiehl du deine Wege« wird erzählt, daß es G. gedichtet habe, als er nach seiner Verbannung eben sich ganz verlassen und dem Elend preisgegeben sah.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 2. Leipzig 1838., S. 193-194.
Lizenz:
Faksimiles:
193 | 194
Kategorien: