Thassilo

[398] Thassĭlo hießen drei Herzöge der alten Bojoarier (s. Baiern), unter denen besonders Thassilo III. (748–788) als der letzte Erbherzog der Bojoarier aus dem Hause der Agilolfinger historisch merkwürdig ist. Schon Karl Martell hatte 725 und 728 die Bojoarier vom Frankenreiche abhängig gemacht, doch blieb den Erbherzogen noch das Recht freier Verwaltung. Als T. III. zur Thronfolge kam, war er erst sechs Jahre alt, und 749 wurde ihm von Gripho, dem Halbbruder Pipin's des Kleinen, nachherigen Königs der Franken, sein Reich entrissen. Durch Pipin wurde T. jedoch wieder in sein väterliches Reich eingeführt, doch wurde Pipin selbst als höchster Landesregent anerkannt. Anfangs führte T.'s Mutter Chiltrud die Vormundschaft, dann nach deren Tode Pipin allein. T. wurde am Hofe Pipin's erzogen und 757 übergab ihm dieser die Regierung, nachdem er den Eid der Treue geschworen hatte. Diesen Eid brach T., welcher nach unbedingter Selbständigkeit strebte und sich 770 mit der stolzen Liutberga, der Tochter des letzten Longobardenkönigs Desiderius, vermählte. Doch Karl's des Großen, Pipin's Nachfolgers, steigende Macht imponirte T. so sehr, daß er auf dessen Verlangen ihm 781 auf dem Reichstage zu Worms den Vasalleneid schwur. Schon 784 verletzte T. abermals die Dienstpflicht und nur eilige Unterwerfung rettete ihn vom Untergange. Noch einmal erhielt er sein Herzogthum als widerrufliches Lehn zurück, gelobte nochmals Treue und stellte 787 seinen Sohn Theodo als Geisel. Die neue Demüthigung hatte ihn nur noch mehr gegen den Frankenkönig erbittert, und insgeheim betrieb er eine Vereinigung aller Gegner Karl's zu dessen Sturz. Aber Karl erhielt von diesen Plänen Kunde und berief 788 einen Reichstag nach Ingelheim, auf welchem T. erschien, verhaftet und als Hochverräther zum Tode verurtheilt wurde. Karl schenkte ihm jedoch das Leben und T. ging in das Kloster St.-Goar. Auch seine Gemahlin und seine Söhne wurden gezwungen, in das Kloster zu gehen. Auf der Reichsversammlung zu Frankfurt erschien 794 T. noch einmal, um seine und seiner Kinder Ansprüche förmlich auf Karl zu übertragen. Das Herzogthum Baiern wurde als verwirktes Lehn eingezogen und durch fränk. Grafen verwaltet.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 398.
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