Theokratie

[406] Theokrătie (Gottesherrschaft) ist der griech. Name für eine Art von Staatsverfassung, bei welcher man Gott als den unsichtbaren König eines Volkes und dessen bestehende bürgerliche Gesetze als göttliche Befehle betrachtet. Die Theokratie ist demnach ein religiös-bürgerliches Gemeinwesen, das die Religion ebensowol begründet hat, als es durch dieselbe aufrecht erhalten wird. In einem hohen Grade ausgebildet bestand die Theokratie bei den Juden und Spuren derselben finden sich bei allen Völkern, welche die öffentliche Wohlfahrt mehr oder weniger dem Ansehen und der Leitung der Religion unterwarfen. Wenn nun die theokratische Staatsverfassung, die immer ein sehr lebendiges, religiöses Gefühl bei einem Volke voraussetzt, den Vorzug zu haben scheint, daß sie neben der bürgerlichen Bestimmung des Menschen zugleich für die Zwecke der Religion und Tugend wirkt, so ist dieser Vorzug doch nur ein scheinbarer, da die unsichtbare Herrscherin Religion äußerlicher Stellvertreter und Mittelspersonen bedarf, und dadurch in den Händen der Priester ein Mittel der Unterdrückung und der Herrschsucht wird. Eine Art von Theokratie bildete auch früher die Herrschaft des Papstthums, wofür man jedoch den Namen Hierarchie (s.d.) braucht.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 406.
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