Theomantie

[409] Theomantie nannten die Alten diejenige Art von Weissagung. die aus Eingebung (Inspiration) oder auf Antrieb eines den Menschen ergreifenden Gottes geschah, wodurch sie sich von der Verkündigung des Zukünftigen aus Opfern und den Weissagungen der Orakel unterschied. Diejenigen, welche sich solcher göttlicher Eingebungen rühmten, hießen Theomauten. Bevor der Theomant die Weissagungen ertheilte, suchte er sich durch Waschungen, Räucherungen, das Aufsetzen von Lorberkränzen eine erhöhte Geistesstimmung zu geben, und im Zustande des Weissagens zeigte er bald die Mienen und Geberden eines Wahnsinnigen und Rasenden, bald ließ er an sich die größte Stille und Ruhe vermerken, was man immer als ein Einwirken der übermenschlichen Kraft auf die Seele ansah. Die drei verschiedenen Classen der Theomauten waren: 1) die Besessenen, die sich eines in ihnen wohnenden und aus ihnen sprechenden Dämons rühmten; 2) die Enthusiasten, aus denen nicht die Gottheit selbst, sondern welche auf Anregung derselben redeten; 3) die Ekstatiker, die in einer Entzückung, bei welcher man den Geist von dem Leibe getrennt und im Verkehr mit den Göttern wähnte, weissagten. Fanden sich solche Weissagungsgaben bei Sklaven und Sklavinnen, so wurden dieselben um einen hohen Preis gekauft.

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Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 4. Leipzig 1841., S. 409.
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