Apotheose

[251] Apotheose, die Vergötterung, oder vielmehr die Verklärung eines Sterblichen, eines Heroen zum Gott, seine Aufnahme, nachdem er die irdische Bahn durch Schmerzen, Kämpfe, Siege, glorreich[251] durchlaufen, in den seligen Götterhimmel, wo fortan nur Nektar und Ambrosia ihn nährt, wo keine Arbeit ihn mehr ermüdet, wo er ruhig in der ewigen Wonne des Olympos schwelgen kann. Die Apotheose ist der Incarnation entgegengesetzt; in dieser, der Menschwerdung, steigt der Gott vom Himmel, nimmt Menschengestalt an, liebt und leidet, Menschen gleich, dort steigt der Mensch von Erdenschlacken geläutert, zum Himmel empor. Daß dieser Gedanke große und erhabene Bilder in Künstlerseelen hervorbringen kann und muß, ist begreiflich, und manches Denkmal, das Apotheosen feiert, ist auf die Nachwelt gekommen. Besonders liebten es die Römer, ihre verstorbenen Kaiser als Heroen, und auf Münzen deren Apotheose darzustellen; gewöhnlich ist der Leichnam des Verstorbenen auf einem Scheiterhaufen vorgebildet, und der Adler des Zeus führt die unsterbliche Seele in den Olymp. Am bekanntesten ist die Apotheose des Herkules, der sich selbst den Scheiterhaufen erbaute und anzündete. und dann unter die Götter aufgenommen wurde. Es ist die Vergötterung, die ethische Idee der Belohnung großer Thaten durch die Ertheilung des seligsten Looses, die poetische Wahrheit und deren Rechtfertigung, daß nicht auf Erden, sondern im Götterhimmel, in einer bessern Welt, alles Große, Edle, Erhabene und Schöne unsterblich fortblüht, und in unvergänglicher Jugend lebt.

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Damen Conversations Lexikon, Band 1. Leipzig 1834, S. 251-252.
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