Apotheōse

[617] Apotheōse (v. gr.), 1) Vergötterung, Versetzung unter die Götter, mit göttlicher Verehrung verbunden. Diese Ehre erhielten bei den Griechen, von denen die Sitte ausging, ausgezeichnete Menschen nach ihrem Tode, bes. Wohlthäter ihres Volkes, daher auch manche Religionsstifter u. Philosophen, wie Pythagoras, meist aber um den politischen Zustand eines Landes verdiente Männer durch ihre Mitbürger, so Theseus. bei den Athenern, Aratos bei den Argivern etc. Daraus war der Heroendienst bei den alten Hellenen entstanden. In der römischen Zeit erwiesen die Colonien u. Provinzen römischen Oberbeamteten aus Schmeichelei diese Ehre, indem sie ihnen Feste, Spiele, Opfer, Tempel weiheten, z.B. dem Marcellus in Syrakus, dem Q. Muc. Scävola u. später dem Lucullus in den Städten Kleinasiens, dem T. Quint. Flamininus in Chalcis etc. Bei den Römern hieß die A. Consecratio u. fand ursprünglich nur in der Familienreligion statt, wo Kinder ihren Eltern diese Ehre erwiesen. Die Consecration des Romulus ist ein einzelner Fall, wo die Vergötterung eines Menschen in den Volksdienst überging. Allgemeinere Sitte wurde es in Rom seit Cäsar, obgleich dessen Consecration durch dessen Erben Augustus auch nur Familiensache war. Nachdem dem Augustus die A. durch den Senat decretirt worden war, geschah es mit den anderen Kaisern auch, u. nun wurde dieselbe unter bestimmten Ceremonien ausgeführt. Nachdem die Leiche bestattet war, wurde dgs Bild des Kaisers 7 Tage im Palast ausgestellt, dann wurde die Bahre von Rittern u. Senatoren nach dem Campus Martius getragen; hier war ein hölzernes, mehrstockiges, mit Brennmaterialien angefülltes, mit prächtigen Decken u. Kunstwerken verziertes Gerüst errichtet; in dessen 2. Stockwerk wurde die Bahre gestellt u. mit Weihrauch u. anderen Specereien umgeben. Um das Gerüst machten nun die Ritter einen militärischen Umzug (Decursio), nach dessen Beendigung der neue Kaiser mit einer Fackel das Gerüst anzündete. Aus dem obersten Stockwerke ließ man zuletzt einen Adler (bei Kaiserinnen einen Pfau) auffliegen, welcher die Seele des Kaisers in den Himmel tragen sollte. So war die A. vollendet; der Apotheosirte hieß nun Divus u. erhielt Priester (Sodales u. Flamines) zugeordnet u. somit einen religiösen Cultus. Auf Münzen werden die Apotheosirten dargestellt durch einen mit Strahlen umgebenen Kopf od. einen, den Gefeierten tragenden Adler, od. einen Phönix od. das Wort Consceratio auf dem Revers; die der Frauen öfter durch einen Pfau u. auch durch einen, mit 2 Maulthieren bespannten Wagen od. einen Sessel der Juno. Auch bei den Ptolemäern in Ägypten war die gleiche Sitte, wie in Rom zur Kaiserzeit; hier apotheosirte der Sohn den Vater als Vorfahren in der Regierung. Auf mehreren erhaltenen Denkmälern sind A-n dargestellt; am bekanntesten ist die Apotheose Homers, ein Relief, 1658 auf einem Felde des Prinzen Colonna, wo Kaiser Claudius ehemals ein Landgut hatte, ausgegraben, in mehreren Kupferwerken abgebildet, bes. im Elementinischen Museum des Vaticans; 2) im christlichen Sinne die Vertheidigung der göttlichen Natur Jesu; in dieser Bedeutung gibt es ein Gedicht von Prudentius (s.d.). Hiervon Apotheosiren, vergöttern, unter die Götter versetzen.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 1. Altenburg 1857, S. 617.
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