Glaube

[441] Glaube, ist nach dem Ausspruche der Schrift »eine gewisse Zuversicht dessen, was man hoffet, und nicht zweifelt an dem, was man nicht siehet.« Er bildet somit die Herzwurzel aller Religionen. Denn die Religion gründet und richtet sich nicht auf Dinge, welche durch die Sinne wahrnehmbar sind. Ihr Gegenstand ist nur das Unsichtbare. Es streckt sich der Glaube also blühend hinaus über die Schranken der Erdenzeit. Er rankt sich fest auf den Feldern einer heiligen Zukunft. Wohin die Vernunft nicht reicht und die Weisheit, da hat der Glaube seine Blüthe und Frucht angesetzt. Und ist der Glaube fest und rein, kein Sturm kann diese Blüthe und Frucht dann brechen. Denn dem gläubigen Herzen ist die Ahnung von Gott, Vorsehung und Unsterblichkeit nicht mehr Ahnung, sie ist ihm Gewißheit. Im Besitz dieser Gewißheit aber, was kann es für das Herz dann Erschreckendes geben? Das Auge des Gläubigen sieht überall das treue Walten seines Gottes. Es sieht in der Ferne den Sieg des Guten über das Böse. Frei blickt es durch die Nebel des Lebens, frei durch den Sarg und das Leichentuch. Schon hier erschaut es das Paradies, und im Paradiese den Baum der Erkenntniß.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 4. [o.O.] 1835, S. 441.
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