Herodias

[268] Herodias, jene isralitische Frau, deren das neue Testament als Veranlassung der Enthauptung Johannes des Täufers erwähnt, war die Enkelin Herodes des Großen und vermählte sich auf seinen Wunsch mit ihrem Oheim Herodes Philippus. Treulos verließ sie den Gatten, um seinem Bruder Herodes Antipas, Beherrscher von Galiläa, der bei Gelegenheit eines Besuches in glühender Leidenschaft zu ihr entflammte, ihre Hand zu reichen. Der Ehrgeiz, einem Fürsten anzugehören, machte sie taub für die Ermahnungen der Pflicht und Ehre. – Jetzt aber erhob sich Johannes, der Vorläufer Christi, und rügte mit strengen Worten im Namen der Religion und Sitte das Verhältniß des Fürsten zu der entflohenen Gattin seines Bruders. Herodias jedoch benutzte eine schwache Stunde des Fürsten und erbat sich das Haupt des Propheten. Auf Antipas Befehl endete der Märtyrer unter dem Schwerte des Henkers. Ihr Glück, das ein Verbrechen befestigen sollte, war nicht von langer Dauer, Denn kurz darauf schenkte Kaiser Caligula ihrem Bruder die Besitzungen ihres ersten Gatten und beehrte ihn mit dem königlichen Titel. – Neid und Ehrgeiz bewogen die Schwester, mit ihrem zweiten Gemahle nach Rom zu reisen, um die Belehnung zu hintertreiben und ihm die königliche Würde zu erwerben. Caligula aber, von ihrem Bruder auf diese Intriguen und den Umstand, daß Antipas gegen das Gesetz in Galiläa ein glänzendes Zeughaus besaß, aufmerksam gemacht, traute ihren Einflüsterungen nicht nur nicht, sondern verbannte auch Beide nach Lyon, wo sie im Exil starben. – An den Namen der Herodias[268] knüpft sich die Schmach der Geschichte, während des Martyrers Johannes Haupt noch jetzt die Glorie umstrahlt.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 5. [o.O.] 1835, S. 268-269.
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