Linz

[375] Linz, die Hauptst. von Oberöstreich, zu beiden Seiten der Donau malerisch ausgespannt, in einer reizenden Gegend, rings von sanften Bergen umschlossen, deren Rebenhügel, Landhäuser und Kapellen hell und freundlich in die Ebene hernieder schauen. Eben so freundlich wie das Landschaftsbild, wie die Totalansicht der herrlichen Stadt ist das Leben in derselben. Hier herrscht nie versiegender Frohsinn, Lebenslust, Freiheit in den socialen Verhältnissen, Treuherzigkeit, Biedersinn. Das reiche Land ringsum macht den Oberöstreicher wohlhabend, und diese Wohlhabenheit trägt er auch zur Schau. Sie kleidet ihn, weil er sich in ihr natürlich, fern von Anmaßung und Steifheit zu bewegen weiß. Linz ist eine der belebtesten Städte des südl. Deutschlands und hat 25,000 Ew. Unter die schönsten Räumlichkeiten der Stadt gehört der Marktplatz mit der Dreifaltigkeitskirche und zwei Springbrunnen verziert, die mit Palästen eingefaßte, mit Platanen bepflanzte Promenade etc. Merkwürdige Gebäude sind: die uralte Pfarrkirche, der Dom, die Elisabethernonnenkirche etc. Das Pflaster der Stadt ist trefflich. Ein Gleiches gilt von der nächtlichen Beleuchtung. Von wissenschaftl. Anstalten gibt es hier ein Lyceum, öffentl. Bibliothek von 30,000 Bänden, Gymnasium, Normal- und Hauptschule etc. Gleich reich ist die Stadt an wohlthätigen Stiftungen und Versorgungsanstalten. Das Fabrikwesen ist ansehnlich, darunter besonders: die kaiserl. Wollen- und Teppichmanufaktur, in welcher allein täglich an 4090 M. arbeiten. Durch die zahlreichen hiesigen Handlungshäuser steht Linz in Verbindung mit der ganzen östreichischen Monarchie,[375] mit dem nördl. Deutschland, mit Italien und der Levante. Die Schifffahrt auf der Donau ist beträchtlich; von Linz nach Budweis führt eine Eisenbahn, die erste in Deutschland. – Reizend sind die Umgebungen und werden namentlich an Sonn- und Festtagen durch die fröhlichen Stadtbewohner auf's Bunteste belebt. – Die Linzerinnen sind schön, üppig, verführerisch wie alle oberöstr. Mädchen; besonders kleidet die untern Volksklassen das goldene Linzer Häubchen, dessen eigenthümliche Form keiner Veränderung der Mode unterworfen ist. Vom kaiserl. Schlosse, das auf einem Felsen liegt, genießt man eine entzückende Aussicht auf die Stadt, den Strom und den weiten hellgrünen Berggürtel ringsum. Linz hat ein stehendes Theater, das zu den bessern Deutschlands gehört.

*

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 6. [o.O.] 1836, S. 375-376.
Lizenz:
Faksimiles:
375 | 376
Kategorien: