Bibliothek

[59] Bibliothek oder Büchersammlung. Schon im Alterthume legte man dergleichen Sammlungen an. Die ersten, die erwähnt werden, waren eine des alten ägyptischen Königs Osymandias, welche die Ueberschrift hatte: »Arznei für die Seele,« und eine im Belustempel in Babylon. Nächstdem legten auch einzelne gelehrte und reiche Athener Büchersammlungen an, die aber freilich nicht so ansehnlich sein konnten, wie die der neuern Zeit, weil theils damals weniger Bücher verfertigt wurden, theils alle abgeschrieben werden mußten. Auch die Römer besaßen Bibliotheken. Die ersten, welche sie hatten, wurden den Feinden abgenommen, und kamen als Beute nach Rom. Doch die berühmteste und vielleicht reichste des Alterthums war die in Alexandria in Aegypten, wo überhaupt die Wissenschaften vorzugsweise betrieben wurden. Leider ist nichts davon erhalten worden; denn sie verbrannte; der Sage nach ließ der Khalif Omar (im 7. Jahrhundert) mit den Büchern die Badestuben heizen. Auch die römischen Bibliotheken gingen zur Zeit der Völkerwanderung unter, und so hinterließ uns also das Alterthum keine Büchervermächtnisse, das abgerechnet, was sich in den Bibliotheken der griechischen Kaiser in Konstantinopel erhielt. – Im Mittelalter wurden aber bald neue Sammlungen angelegt; besonders war Karl der Große, so wie er alles Wissenschaftliche beförderte, auch dafür thätig. Doch waren es weniger die Fürsten, welche dergleichen Sammlungen gründeten, [59] sondern die Klöster, besonders die der Benedictiner, sind als die eigentlichen Bewahrer der Gelehrsamkeit und als die Gründer der Bibliotheken zu betrachten, theils weil die Mönche, bei ihrer abgezogenen Lebensweise, sich zu den Wissenschaften vorzugsweise hingezogen fühlten, theils weil sie die meisten Kenntnisse besaßen. Dadurch wurden aber die Bücher sehr theuer, und selbst Kaiser und Könige konnten sich nur einen geringen Büchervorrath anschaffen Es ist bekannt, daß Kaiser Karl's IV. Bibliothek nur aus 114 Büchern bestand. Erst nach Erfindung der Buchdruckerkunst wurden die Bibliotheken zahl- und umfangreicher, und nun konnten auch Privatpersonen dergleichen anlegen. Unter der großen Zahl starker Bibliotheken führen wir nur die berühmtesten an, deren einige sich mehr durch die Zahl gedruckter Werke, andere mehr durch die Menge von Handschriften auszeichnen. Wir nennen in Deutschland die in Wien, welche sich in einem einzigen großen, hohen Saal befindet, und doch über 300,000 Bücher enthält, unter denen große Seltenheiten sind; in Berlin, in Dresden, in München, in Prag und in Göttingen. Außer Deutschland sind die ansehnlichsten: die königl. Bibl. in Paris, die kaiserliche in Petersburg, die vaticanische in Rom, die des britischen Museums in London, die der Universität Oxford, und die ambrosianische in Mailand.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 2. Leipzig 1834, S. 59-60.
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