München

[315] München, in einer Ebene am linken Ufer des Isarflusses gelegen, die Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Baiern, mit 90,000 Ew., war bereits im 11. Jahrhunderte ein nicht unbedeutender Ort, und hat sich namentlich in neuerer Zeit sehr vergrößert und verschönert. Unter die vorzüglichsten Plätze rechnet man den Markt, den Max-Josephsplatz, den Promenaden-, Karolinen-, Ludwigs-, Maximilians- und Königsplatz. Von den 26 Kirchen enthält die Theatiner- oder katholische Hofkirche die Begräbnisse der königlichen Familie, die Kirche zu Unserer lieben Frauen das Grabmal des Kaisers Ludwig, des Baiern, die Hofkirche zum heiligen Michael, eine der schönsten Kirchen Deutschlands, das von Thorwaldsen ausgeführte Grabmal des Herzogs Eugen von Leuchtenberg. Die königliche Hofkapelle ist im maurischen Style mit Fresken geziert, und so wie die im byzantinischen Style aufgeführte St. Ludwigskirche unter der jetzigen Regierung erbaut. Unter den königlichen Palästen zeichnen sich aus das Residenzgebäude, dessen neuer Anbau die Freskobilder der Nibelungen und dessen Thronsaal zwölf Statüen ausgezeichneter Helden aus dem Hause Wittelsbach zieren werden; ein zweiter Palast ist im deutschen Style aufgeführt. Der Palast des Herzogs von Leuchtenberg, der des Herzogs Max, des Herzogs Wilhelm, der Ständesaal, der Bürgersaal, das Postgebäude etc. sind ebenfalls ausgezeichnete Werke der Architektur. Die bedeckten Gänge des Bazars im Hofgarten sind mit Freskogemälden aus der bairischen Geschichte geschmückt. Auf dem großen Platze vor dem schönen Theater, steht eine von Rauch gearbeitete sitzende Statüe des Königs Max Joseph. Von wissenschaftlichen und Kunstinstituten nennen wir die Akademie der Wissenschaften, die Centralhofbibliothek mit 400,000 Bänden und 8500 Handschriften, das Museum der Naturgeschichte, die physikalischen, mathematischen und[315] polytechnischen Sammlungen, das Münzcabinet, das Antiquarium, das chemische Laboratorium, die Sternwarte und den botanischen Garten. An Bildungsanstalten findet man ein altes und ein neues Gymnasium, die medicinisch-praktische Lehranstalt, die Hebammenschule, die Veterinair-, die Bauschule, das Taubstummeninstitut, das Studentenseminar, das für Neugriechen bestimmte Athenäum, die polytechnische Centralschule, eine für höhere Stände bestimmte weibliche Erziehungsanstalt, die den Namen der Maximiliansanstalt führt etc. Die Universität besitzt eine gute Bibliothek und treffliche Sammlungen. Unter der Aufsicht der Akademie für bildende Künste steht der Antikensaal, das Kupferstichcabinet etc. Die Glyptothek, ein zur Aufnahme der Denkmäler plastischer Kunst bestimmtes Gebäude, ist ein Meisterstück der Architektur, ebenso die Pinakothek, in welcher die ausgezeichnetsten Gemälde der königlichen Galerien von München, Schleißheim, Augsburg etc. vereinigt sind; beide Prachtgebäude wurden auf Befehl des Königs Ludwig erbaut. In Bezug auf Industrie in wissenschaftlicher Hinsicht dürfen das Institut Utzschneiders für optische, mathematische und astronomische Instrumente, das mechanisch-mathematische Institut Ertl's, die von Sennefelder gestifteten ausgezeichneten lithographischen Anstalten, das geographische Institut Cotta's etc. nicht übergangen werden. München besitzt zwei Theater, das Hof- und Nationaltheater; die königliche Kapelle gehört unter die vorzüglichsten Deutschlands. Unter den Krankenanstalten zeichnet sich das allgemeine Krankenhaus für 560 Kranke aus. Fabriken und Manufakturen sind verhältnißmäßig nicht zahlreich; dagegen gibt es sehr viele öffentliche Vergnügungsörter, man stößt überall auf Lebensgenuß und Frohsinn, und die Umgebungen bieten angenehme Spaziergänge, selbst auf weitere Entfernungen.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 7. [o.O.] 1836, S. 315-316.
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