Litophanwaaren

[384] Litophanwaaren, sind jene meist zu Lampen- und Lichtschirmen benutzten Porzellanplatten, die durch stärkere und dünnere Stellen der Masse, wenn sie der Erleuchtung von der Rückseite ausgesetzt werden, die verschiedenartigsten Bilder darstellen. Die Kunst, sie zu fertigen, verdanken wir Frankreich, von wo diese artige, auf die Gesetze von Licht und Schatten basirte Erfindung auch, doch erst seit Kurzem, auf die deutschen Fabriken und in den Handel überging. Jetzt, da die Vorliebe dafür noch immer steigt, und man in Erfahrung gebracht hat, daß es für geschickte Zeichner durchaus nicht schwer ist, dergleichen zu schaffen, versuchen sich bereits viele Dilettanten, und namentlich Frauen der höhern Stände, [384] mit dieser angenehmen, belohnenden Arbeit. Das erste Erforderniß dazu ist eine gewöhnliche Glasplatte in der Größe des zu entwerfenden Bildes. Ein mit Bleiweiß leicht legirter Ueberzug von Wachs, der ungefähr ein viertel Zoll stark sein muß, überdeckt diese, und Modellirstäbchen von Stahl oder Elfenbein dienen zum Graviren. Man entwirft mit diesen kleinen Werkzeugen die Conture wie beim Beginn jeder Skizze, muß sie jedoch dem Wachse durch gelinden Druck einprägen, anstatt wie auf dem Papiere oder der Leinwand, Pinsel oder Stift flüchtig zu führen. Die Fortsetzung der Arbeit, die freilich, um vollkommen zu gelingen, geübt sein will, wie jede andere, besteht hierauf lediglich darin, daß durch immer tieferes Eingehen in das Wachs die höchsten Lichter sich der Glasplatte nähern, während die Schattenpartien nur angedeutet sind, und folglich die dicksten Wachsmassen unter sich behalten. Ist auf diese Weise die Zeichnung beendet, so gießt man Gips darüber und nimmt dadurch von der Platte die Form, in welcher dann später das Porzellan seine Gestalt erhält. In den Fabriken selbst sieht man die schönsten Sachen dieser Art, und vorzüglich verdienen die neuerlich erfundenen Ampeln mit Litophanansichten Erwähnung. Man kann sich nichts Passenderes für die abendliche Beleuchtung eines modernen Boudoirs vorstellen, als diese köstlichen, von Bronzeketten am Plafond gehaltenen Lampen, aus deren sanftem, milchweißem Lichte entweder die reizendsten Amorinen herablächeln oder liebliche Mondscheinlandschaften einladen, sich in ihre reichen Laubschatten zu träumen, während vielleicht draußen Schnee und Regen der Winternacht an die Scheiben schlagen.

F.

Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 6. [o.O.] 1836, S. 384-385.
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