Necker, Susanne Curchod de Nasse

[388] Necker, Susanne Curchod de Nasse, die Mutter der berühmten Staël (s. d.), und Gemahlin des Ministers Necker, wurde in der Schweiz geb., erhielt eine sehr sorgfältige Erziehung, [388] verlor aber frühzeitig ihre Eltern und stand nun allein, ohne Glücksgüter in der Welt. Sie war schön, geistreich, anmuthig und außerordentlich belesen. Der berühmte Gibbon lernte sie kennen und trug ihr seine Hand an; sie aber schlug dieselbe aus, weil sie keine Neigung für ihn fühlte und vermählte sich 1764 mit Necker, an welchen sie die innigste Liebe und Verehrung, die nur mit dem Tode erlosch, fesselte. In ihrer hohen Stellung als Gattin des mächtigen Ministers, versammelte sie um sich die ersten Geister ihrer Zeit, einen Buffon, Saint-Lambert, Marmontel etc. Im Umgange mit diesen entwickelte sie alle Reize ihres feingebildeten Geistes und ihrer anmuthvollen Persönlichkeit. An ihrem Gatten hing sie mit der zärtlichsten Liebe sein Ruhm, seine Größe war auch die ihrige. Ihren Einfluß auf ihn benutzte sie nie zu Gunsten ihrer Freunde oder Schutzempfohlenen; alle ihre Sorgfalt concentrirte sich auf ihren Gemahl. So besonnen und kräftig sie sonst im Leben war, so sehr sie jeder Gefahr zu trotzen wußte, eben so sehr zitterte sie für ihn, als politische Stürme sein Leben bedrohten. Ihre Zärtlichkeit erschöpfte sich in Besorgnissen und ihrem Einflusse ist es zuzuschreiben, daß Necker Frankreich 1790 verließ und sich nach der Schweiz zurückzog. Madame Necker hatte bisher nach dem Wunsche ihres Gatten auf schriftstellerischen Ruhm verzichtet, die ganze Fülle ihres Geistes entwickelte sie nur in dem Briefwechsel mit ihren Freunden; jetzt aber veröffentlichte sie ihr Werk über die EhescheidungReflexions sur le divorce«). Das Buch machte um so mehr Aufsehen, als gerade damals in Frankreich das Gegentheil der darin enthaltenen Principien praktisch in's Leben trat. Das letzte Kapitel dieses Werkes, welches von dem Glücke der Ehe im Alter handelt, ist ein Meisterstück zarter, weiblicher Beredsamkeit. Nach ihrem Tode, welcher 1794 erfolgte, veröffentlichte Necker noch 5 Bände vermischter Schriften aus ihrem Nachlasse.

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Quelle:
Damen Conversations Lexikon, Band 7. [o.O.] 1836, S. 388-389.
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