Gelasius I, S. (9)

[364] 9S. Gelasius I., Papa (21. al. 19. Nov. und 4. Febr.) Dieser hl. Papst Gelasius, dieses Namens der erste, aus einer afrikanischen Familie stammend, aber in Rom geboren (sein Vater hieß Valerius), war vor [364] seiner Erhebung Geheimschreiber des Papstes Felix III., seines Vorgängers, gewesen. Er bestieg am 1. März 492 den Stuhl des hl. Petrus und regierte die Kirche Jesu 4 Jahre, 8 Monate und 18 Tage. Sein Pontificat fiel in die Zeit Theodorichs, Königs der Ostgothen, welcher die Arianer begünstigte. Nichtsdestoweniger gelang es ihm, die Unabhängigkeit der Kirche und die Reinheit des Glaubens zu bewahren. Er war emsig bemüht, überall selbst gegenwärtig zu seyn, wo Hilfe und Aufmunterung nöthig war. Verfallene Kirchen wieder herzustellen und die wiederhergestellten einzuweihen, war sein liebstes Geschäft. Bis nach Apulien trieb ihn sein Eifer für diese bischöfliche Verrichtung; er weihte unter andern die berühmte St. Michaelskirche auf Monte Gargano und die Andreaskirche in Barletta (Febr. II. 313). Treu wachte er über die Canonen der Concilien; er brachte die genaue Einhaltung der kirchlichen Interstitien, die man in neuester Zeit fast gar nicht mehr beachtet, in Erinnerung. Der herrschende Priestermangel in Italien gab ihm keinen Anlaß, die Zügel der Disciplin nachzulassen, sondern er schien im Gegentheil der Meinung zu huldigen, daß ein gelehrter und sittenreiner Klerus, ob auch gering an Zahl, der Kirche Noth thue, und deßhalb forderte erz. B. mit aller Strenge, daß alle zweimal Verheiratheten nach der Vorschrift des Apostels von den heil. Weihen zurückgewiesen würden. Das Einzige, worin er den Zeitverhältnissen nachgeben zu müssen glaubte, war der Nachlaß der Prüfungszeit für Candidaten aus Klöstern (Jan. I. 497). Er war, gegenüber den Ansprüchen der Patriarchen von Constantinopel, ein eifriger Vertheidiger des Vorrangs der römischen Kirche, gegenüber den Nestorianern eine Schutzwehr der Bezeichnung »Gottesgebärerin«. Ein Concil zu Rom im J. 494, dem er präsidirte, setzte den Canon der heil. Schriften, sowie die Regeln und Vorschriften fest, nach welchen die Acten der Heiligen gelesen und die ächten von den unterschobenen geschieden werden sollen.23 Gegen die Pelagianer erließ er drei scharfe Schreiben; ebenso erhob er sich gegen die einreißende Simonie der Geistlichen mit größter Strenge; das alte schöne Gesetz der vierfachen Bestimmung der kirchlichen Einkünfte hielt er aufrecht, so gut er konnte. Mit dem Patriarchen Euphemius von Constantinopel wollte er so lange keine Kirchengemeinschaft schließen, bis er hinlängliche Gewähr über seine Rechtgläubigkeit erhalten hatte. Den Kaiser Anastasius suchte er sich geneigt zu erhalten; in einem Rundschreiben an den Haushofmeister Faustus verwahrt er sich ausdrücklich gegen die Unterstellung, als ob er den Kaiser excommunicirt habe, indem sowohl er als sein Vorfahrer Felix III. seine Erhebung freudig begrüßt hätten. Dennoch ist die gegentheilige Annahme die vorherrschende geworden, und unter den neueren ist vorzüglich Gfrörer für sie eingestanden. Wir wollen die Verschiedenheit der Ansichten lediglich (nach Boll. Febr. II. 57) anzeigen, ohne eine Entscheidung zu wagen. Aber selbst in Rom hatte der Papst Maßregeln gegen einschleichende Ketzereien zu ergreifen. Die Manichäer hatten in aller Stille sich festgesetzt; um sie zu entdecken, verordnete er, daß alle Gläubigen bei der heil. Communion auch den Kelch genießen sollten. Die Manichäer verwarfen nämlich den Genuß des Weines als sündhaft. Ihre Bücher befahl der Papst öffentlich (an der Kirchenthüre von St. Maria der Größern) zu verbrennen. Diesem heil. Papste dankt die abendländische Kirche auch die Einführung des Festes »Mariä Lichtmeß«, im Orient »Fest des Entgegenkommens« genannt, das er an die Stelle der Lupercalien setzte, deren Abschaffung nicht ohne Kampf vor sich ging. Wider die Gegner schrieb der hl. Gelasius eine auf uns gekommene Schrift, in welcher er die Gottlosigkeit ihres Verlangens auseinandersetzte: »Wahrlich, ungeheuer ist die Sünde dessen, der, während er doch ein Christ seyn will und sich für einen solchen ausgibt, keine Scham fühlt, zu behaupten, daß darum Krankheiten entstehen, weil man die Dämonen nicht mehr ehre, dem Gott Februarius nicht mehr Reinigungsopfer bringe.« Auch bestimmte er nach W. W. (K.-L. IV. 371) für die priesterliche Ordination die Zeit der Quatember-Fasten. Noch im letzten Jahre seiner unermüdet thätigen Amtsführung berief er eine Synode, an welcher 72 Bischöfe Theil nahmen. Auf dieser Versammlung, deren Beschlüsse vorzüglich gegen die Ausläufer des Pelagianismus in Gallien, »Semipelagianismus« genannt, gerichtet waren, [365] ließ er die Schriften der hh. Augustin und Prosper für rechtgläubig, die Werke Cassians dagegen, sowie jene des Bischofs Faustus für apokryph erklären. In seinem Privatleben war der hl. Gelasius durch seine Sanftmuth und Gute ausgezeichnet. Seiner Vorsorge verdankte die Stadt Rom, daß sie durch eine eintretende Theuerung nur wenig zu leiden hatte. Man schreibt dem hl. Gelasius auch mehrere Hymnen zu. Gewiß ist, daß er die römische Liturgie einer gründlichen Nevision unterzog (ob er den Ordo Romanus verfaßt habe, ist nicht angemacht); sein Sacramentarium ist zu Rom im J. 1680 im Druck erschienen. Noch andere Schriften, meist dogmatischen Inhalts, sind von ihm erhalten. Er starb nach den Bollandisten (Jan. I. 483) am 19. Nov. 496 und wurde am 21. Nov. bei St. Peter, wo nach Piazza (II. 483) noch jetzt seine Reliquien ruhen, beigesetzt. Sein Bildniß (in den Propyl. ad Acta Sanctorum Maji) zeigt den ernsten und strengen Charakter mit dem Ausdrucke großer Gelehrsamkeit und reicher Lebenserfahrung; er trägt Albe und Pallium. Das Mart. Rom. nennt ihn am 21. Nov. (Vgl. But. XVII. 162.)


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 2. Augsburg 1861, S. 364-366.
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