Germana Cousin, B. (5)

[408] 5B. Germana Cousin, V. (7. Mai). Die sel. Germana Cousin wurde zu Pibrac, einem kleinen Dorfe im Stadtbezirke von Toulouse, im J. 1579 geboren. Ihr Vater war ein armer Landmann, den die Ueberlieferung Laurentius nennt; ihre Mutter hieß Maria Laroche, welche sie früh verlor. Die sel. Germana war arm, kränklich, verwaist und unter das harte Joch einer Stiefmutter gestellt. Dieß waren die ersten Gnaden Gottes; denn dieser traurigen und elenden Lage hatte Germana den frühzeitigen Glanz ihrer Demuth, ihrer Geduld und aller ihrer Tugenden zu verdanken. Sobald Germana alt genug war, wurde sie von der Stiefmutter, welche sie zu Hause nicht dulden konnte, hinaus aufs Feld geschickt, die Schafe zu hüten. Dieses war ihre Beschäftigung während ihres ganzen Lebens; Germana fand in ihr Ruhe und Heil für die Seele. Gott selbst vollendete die christliche Erziehung seiner Dienerin; in der Einsamkeit sprach Er zu ihrem Herzen; sie hörtt Ihn und that seinen Willen. Täglich wohntt sie trotz aller Hindernisse der heil. Messe bei, und oft hütete Gott selbst während ihrer Abwesenheit[408] wunderbar ihre Heerde. Ebenso oft empfing sie die heil. Communion. Die glühende Andacht, mit welcher sie es that, war ein so rührender Anblick, daß Alle, welche sie sahen, sich hingerissen fühlten, und dieser Eindruck auch durch eine lange Reihe von Jahren bei den Einwohnern zu Pibrac nicht verwischt werden konnte. Auf dem Felde betete sie am liebsten das schöne Gebet für gebildete und Ungebildete, den heil. Rosenkranz. Wenn man das »Ave« läutete, so verrichtete sie es knieend, wo sie immer sich befand. Wenn die Glocke in dem Augenblick ertönte, da sie den Bach, welcher die Fluren Pibracs bewässert, durchschritt, ließ sie, ohne zu zögern, im Wasser sich auf die Kniee nieder und verrichtete ihr Gebet. Wo sie nur konnte, versammelte sie die kleinen Kinder um sich her, um sie in den Wahrheiten der Religion zu unterrichten und zur Liebe Gottes zu entflammen. Einst war der Bach sehr angeschwollen, als sie zur Kirche gehen wollte; dem stärksten Manne wäre es unmöglich gewesen, ohne Hilfe überzusetzen. Germana aber kommt, ohne an das Hinderniß zu denken, vielleicht ohne es zu sehen, und siehe, es theilten sich die Wasser der Courbet, und sie schritt hinüber, ohne den Saum ihres Kleides zu benetzen. Auch die christliche Wohlthätigkeit zu üben suchte und fand sie Gelegenheit; es war ihr eine süße Abtödtung, von dem wenigen Brode, das ihr die Stiefmutter gab, den Armen zu geben. Auch diese Liebe verherrlichte Gott durch Wunder, indem er öfter ihre Gaben geheimnißvoll vermehrte. Einst wollte ihre Mutter sie strafen, da dieselbe glaubte, sie trage im Haus gestohlenes Brod in der Schürze; aber statt des Brodes, das sie zu finden meinte, fielen mitten im Winter die schönsten Blumen, zu einem Strauß zusammengebunden, auf die Erde. Sie starb im J. 1601. Ihr Grab ward um das J. 1644 durch göttliche Fügung wieder geöffnet, und ihre Leiche ganz unversehrt angetroffen. Von da an geschahen Wunder um Wunder. Wir verweisen die Leser, welche dieselben kennen lernen wollen, auf das Büchlein: »Leben, Tugenden und Wunder der sel. Germana Cousin etc. von L. Veuillot, Trier 1857«, welches wir zu dieser kurzen Skizze benützt haben. Im J. 1843 wurde der Proceß ihrer Seligsprechung begonnen, das betreffende Decret erfolgte am 1. Juli 1854; die Feier selbst war zu Rom schon am 7. Mai vollzogen worden. Auch bei Migne findet sich die sel. Germana Cousin Im Proprium von Autun (Ecclesiae Aednensis), das auch für die ehemaligen Bisthümer Chalons (Cabillonensis) und Macon (Matisconensis) gilt, steht ihr Fest am 15. Juni sub ritu dupl. †


Quelle:
Vollständiges Heiligen-Lexikon, Band 2. Augsburg 1861, S. 408-409.
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