Cousin [2]

[493] Cousin (spr. Kusäng), 1) Jean, geb. 1502 in Souci bei Sens, Maler, bes. Glasmaler, auch Bildhauer; er gilt als der Gründer der Französischen Malerschule u. st. 1590; er schr.: über die Perspective, Par. 1553, Fol., u. über die Verkürzung der Figuren. Erhalten sind von ihm die Glasfenster der Kapelle zu Vincennes u. das jüngste Gericht in St. Romain in Sens. Von seinen Sculpturen sind zu erwähnen Franz I. im Harnisch von Bronze (im Louvre) u. Statue am Grabmal des Ph. de Chabot. 2) Louis, geb. 1627 in Paris, früher Advocat, später Präsident des Münzwesens; st. 1707. Er übersetzte den Eusebios, Sokrates, Sozomenos, Theodoretos, Euagrios, Xiphilinos, Zonaras, Zosimos, u. schr.: Hist. de Constantinople, Amsterdam 1672–74, 8 Bde.; Hist. de l'église, 4 Bde., Par. 1675–76, 5 Bde., 1686; Hist. de l'empire d'Occident, ebd. 1686, 2 Bde., u. m. Auch redigirte er das Journal des Savans. 3) Jacques Antoine Joseph, geb. 1739 in Paris, war Professor der Mathematik, erst am Collège de France, dann an der Militärschule zu Paris u. st. daselbst 1800; er schr.: Leçon de calcul différentiel et de calcul intégral, Par. 1777, 2 Bde., neue Aufl. unter dem Titel: Traité de calcul différentiel, 1794; Introduction à l'étude de l'astronomie physique, ebd. 1787; u. zahlreiche mathematische Abhandlungen. 4) Victor, geb. 1792 in Paris, Sohn eines Handwerkers, empfing seinen wissenschaftlichen Unterricht auf der von Napoleon gegründeten Normalschule, an welcher er anfangs als Repetent für die Griechische Literatur u. 1812 als Lehrer angestellt wurde 1815 trat er an Royer-Collards Stelle in die philosophische Facultät u. wurde Professor der Philosophie am Lycée Bonaparte. Von jener Zeit an übte er einen bedeutenden Einfluß auf die Entwickelung der Philosophie in Frankreich u. versammelte durch die Macht seines begeisterten Vortrags einen großen Kreis von Schülern um sich. Er mußte 1820 wegen seiner Freimüthigkeit seine Vorlesungen einstellen, bereiste 1824 Deutschland, wurde wogen angeblicher Verbindungen mit deutschen Demagogen in Dresden auf Antrieb der preußischen Regierung verhaftet u. nach Berlin abgeführt. Dort fand er Gelegenheit sich mit der Hegelschen Philosophie bekannt zu machen. Seiner Haft entlassen, eröffnete er 1828 nach Paris zurückgekehrt, einen Cyclus von Vorträgen über die Geschichte der Philosophie, wurde 1830 Mitglied der Akademie u. Generalinspector des Unterrichtswesens u. unternahm 1831 im Auftrag des Ministers des öffentlichen Unterrichts eine Reise nach Deutschland, um das Unterrichtswesen, bes. in Preußen, kennen zu lernen, wovon der Bericht an den Minister 1832 in Paris erschien. Im folgenden Jahre wurde er zum Staatsrath, Director der Normalschule u. Pair erhoben u. trat am 1. März 1840 als Minister des öffentlichen Unterrichts in das Cabinet Thiers, schied jedoch Ende 1840 wieder aus; während der kurzen Zeit seines Amtes machte er sich um das Unterrichtswesen in Frankreich sehr verdient. Im Dec. 1845 wurde er Mitglied des neuerrichteten[493] Unterrichtsraths. 1848 wirkte er durch seine Schriften gegen die durch die Revolution in Schwung gebrachten socialistischen u. communistischen Ideen. Sein politisches Glaubensbekenntniß, welches er 1850 bei Veröffentlichung seiner Parlamentsreden zu erkennen gab, zog 1852 die Suspension seiner Vorlesungen von Seiten der Regierung nach sich. Er hat zuerst Sinn für deutsche Philosophie in Frankreich geweckt; er schr.: Übersetzung des Plato, Par. 1825–40; des Cartesius, ebd. 1824, 6 Bde.; u. von Tennemann's Geschichte der Philosophie, ebd. 1831, 2 Bde.; gab heraus den Proklos, Par. 1820–27, 6 Bde., u. schr.: Fragmens philos., Par. 1826 (n. Ausg. 1833); Nouveaux fragm., ebd. 1829; Cours d'histoire de la philos., ebd. 1828; De la metaphys. d'Aristote, Par. 1837; De l'instruction publique dans quelques pays de l'Allemagne, 1832, 2 Bde., 3. Aufl. 1840 (deutsch von Krüger, Altona 1832 f.); Leçons de philosophie sur Kant, 1842; Funérailles de Jouffroy, 1842; Fragmens littéraires, 1843; Jacquelin Pascal, 1844, 2. Ausg.; Fragmens de philosophie cartésienne, 1845; gab auch die Ouvrages d'Abèlard, 1849, 1. Bd., heraus; Oeuvres, 1846–50, 18 Bde.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 493-494.
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