Adiaphora

[40] Adiaphora, gleichgiltige Handlungen, nannte die stoische Philosophie solche, die weder gut noch böse wären, und seitdem ist es eine offene philosophische Frage geblieben. Die kath. Kirche anerkennt keine Adiaphora in Dogma und Moral und wenn sie in der Liturgie nicht absolute Gleichförmigkeit, sondern eine gewisse, aber gesetzliche Freiheit gestattet, so geschieht dies nicht, weil das so oder anders gleichgiltig wäre, sondern damit der Zweck, christliche Erbauung, überall um so sicherer erreicht werde. 2. In dem Reformationsjahrhundert erregte das Augsburger Interim vom 15. Mai 1548 einen gewaltigen Sturm der öffentlichen Meinung und hatte von protestantischer Seite ein Leipziger Interim vom 22. Dec. zur Folge, in welchem ein Ausschuß protest. Theologen mit Melanchthon an der Spitze im Dogma bei Luther aushalten, in Betreff der adiaphora oder resmediae sich aber die Anordnungen der Kirche gefallen lassen wollten; zu diesen adiaphora zählten sie aber auch wesentlich Dogmatisches. Darüber geriethen nun die Protestanten selbst in heftigen Streit, indem eine Parthei, an ihrer Spitze Math. Flacius, der Ritter der Erbsünde, aufs heftigste gegen die Adiaphoristen loszog, welcher Streit erst durch die Concordienformel geschlichtet wurde.

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Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 40.
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