Flacius

[716] Flacius, eigentl. Vlacich, Matthias, »der irrende Ritter der Erbsünde«, geb. 1520 zu Albona im venetian. Illyrien, daher Fl. Illyricus genannt, wurde 1539 durch seinen Oheim, einen Dominikanerprovincial, veranlaßt, nach Deutschland zu kommen und Lutheraner zu werden. In Wittenberg verschafften ihm Luther und Melanchthon schon 1544 die Professur der hebr. Sprache; durch umfassende Kenntniß, rastlose Thätigkeit u. Charakterstärke einer der ersten Theologen seiner Partei, bekämpfte F. jede Annäherung an den Katholicismus und seit 1547 das Interim mit eiserner Beharrlichkeit. Um besser gegen Melanchthon auftreten zu können, begab er sich nach Magdeburg, wüthete während der Belagerung durch den Kurfürsten Moriz gegen das Interim und kehrte von Köthen, wohin er geflohen u. von wo ihn Melanchthon vertreiben ließ, bald wieder zurück. Im Kampf mit den Wittenbergern schwang er sich zum Haupte der deutschen Lutheraner empor, wozu die Herausgabe der sog. Centurien (s. d. und Baronius) sowie des »Kataloges der Wahrheitszeugen« wesentlich beitrug. F. ward 1557 Generalsuperintendent und Professor der neuen Universität Jena, 1561 aber abgesetzt, nachdem er Selbstständigkeit der luther. Kirche gegenüber der weltlichen Obrigkeit gefordert hatte und fand fortan nirgend mehr eine bleibende Stätte. In Folge seines Lieblingssatzes: Die Erbsünde sei die Natur u. das Wesen des Menschen selbst, entzweiten sich seine Anhänger in strenge Substantiarier u. mildere Accidentiarier, die noch lange nach seinem Tode fortstritten. F. endigte den »Clavis s. scripturae« zu Basel 1567 und st. 1575 zu Frankfurt a. M.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 716.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika