Brüssel

[688] Brüssel (frz. Bruxelles), Haupt- und Residenzstadt des Königreichs Belgien in der Provinz Südbrabant, theils erhöht, theils in einer schönen fruchtbaren Ebene liegend, von der Senne u. mehreren Kanälen durchflossen, und durch letztere mit Antwerpen und der Nordsee in Verbindung, mit 142000 E. Die Stadt, zu den schönsten in Europa gehörend, mit einem Leben und Treiben, das ganz an Paris erinnert (darum Kleinparis genannt), zerfällt in die höher gelegene Ober- und die Niederstadt. In jener, dem schöneren Theile, wohnt die reiche und vornehmere Welt u. es wird nur französisch gesprochen, in dieser die Handels- und Gewerbsleute. Freundliche Boulevards sind jetzt an der Stelle der früheren Wälle; jenseits dieser liegen die schlecht gebauten, meist aus Gärten und landwirthschaftlichen Gebäuden bestehenden Vorstädte. Unter den schönen, theilweise mit Springbrunnen verzierten Plätzen der Stadt sind besonders hervorzuheben: der in Mitte der Stadt gelegene, 700 Schritt lange und 200 breite Park, mit vielen Marmorsäulen, Place-royal mit dem Monument Gottfrieds von Bouillon, Place grande, Münzplatz, Märtyrerplatz, auf dem die in der Revolution von 1830 Gefallenen ruhen, der Barrikadenplatz, Place du grand u. du petit Sablon; interessante Gebäude sind: das schöne gothische Stadthaus mit 364' hohem Thurme, auf dessen Spitze die 17' hohe in Kupfer getriebene Statue des hl. Michael, das [688] große Schauspielhaus, das königl. Schloß, der Palast des Herzogs von Aremberg mit Gemäldegallerie, das Ständehaus, die Börse, Bank, das Münzgebäude, der neue großartige Industriepalast zu dauernder Aufstellung von Kunst- und Manufacturerzeugnissen; unter den kath. Kirchen ist die größte und schönste die Pfarrkirche St. Michael und St. Gudula mit herrlichen Glasmalereien, ferner die Notre Dame de la Chapelle, Katharinenkirche und Notre Dame de Finisterre. Die Stadt ist zugleich Sitz der höchsten Staatsbehörden, eines Bischofs, der Generalpostdirection, des Cassationshofs, eines Handelsgerichts, hat eine Universität, medicinische Akademie, eine Akademie der Wissenschaften u. Künste, ein Gymnasium, eine Kriegsschule, Handelsschule, Thierarzneischule, botan. Garten, Conservatorium, Stadtbibliothek, königl. und Nationalbibliothek, Sternwarte, Spitäler, Findel- und Waisenhaus. Industrie und Verkehr sind lebhaft und begünstigt durch die Lage, besonders bedeutend die altberühmte Fabrikation von Spitzen und Blonden, die allein bei 1000 Familien beschäftigt, ferner von Seide- u. Wollenwaaren, von Gold- und Silberwaaren, Kutschen, Hüten, Papieren, Leder, mathematischen und chirurgischen Instrumenten. Der Handel ist besonders durch die Eisenbahnen sehr befördert.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 688-689.
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