Candia

[778] Candia, das alte Kreta, Insel im mittelländischen Meere, der Schlüssel des Archipelagus, zwischen den 3 alten Erdtheilen liegend, daher für die Herrschaft des östl. Mittelmeeres unentbehrlich, 189 QM. groß, der Länge nach von einer Gebirgskette durchzogen, welche im Ida (Psiloriti) die Schneegränze erreicht. C. hat nur Gebirgsbäche, ist in einigen Strichen, besonders an der Küste, öde und kahl, im Ganzen jedoch fruchtbar und gesund; liefert Getreide, Wein, Südfrüchte, Seide. Wachs, Honig, besonders Oliven, daher ist Oel der vorzüglichste Gegenstand der Ausfuhr. Die Einwohnerzahl wird auf 180000 angegeben, meistens Griechen; die im westl. Gebirge hausenden Sphakioten sind kräftig u. bei jeder Gelegenheit zum Aufstande gegen die türk. Herrschaft bereit. C. ist ein eigenes Paschalik mit der Hauptstadt C. oder Canea, 12000 E., schlechter Hafen, Sitz des Paschas, eines griech. Erzbischofs, 14 Moscheen, mehrere griech. Kirchen. alte von den Venetianern gebaute Festungswerke. Andere Plätze sind: Suda, mit sicherem Hafen, Rettimo, Kissamo. – Geschichte. Kreta war in der Urzeit Sitz der Cultur, seeherrschendes Königreich, von dessen vorgriechischer Geschichte nur die Mythen von Minos etc. erhalten sind. Sie wurde nach 2000 vor Chr. von Griechen besetzt, besonders Doriern, hatte 100 Städte, gelangte aber zu keiner großen politischen Bedeutung, weil sich die Städte zu keinem Bunde vereinigen konnten. Die Kreter dienten als Söldner und galten als die besten Schützen, waren jedoch berüchtigt durch ihre Neigung zum Ueberlaufen; im Allgemeinen hatten sie schlechtes Lob, man hieß sie Lügner, Diebe, faule Bäuche etc. 67 v. Chr. wurde C. röm., im 5. Jahrh. byzantinisch, später von den Kreuzfahrern erobert, kam 1204 an Venedig, das die Insel an die Türken verlor, als diese den 27. Septbr. 1669 die Hauptstadt eroberten. In neuester Zeit erhielt C. Mehemet Ali von Aegypten von dem Sultan, verlor es aber 1840; seitdem werfen die Engländer ihre Netze nach der wichtigen Insel aus.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 778.
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