Friedrich Wilhelm II.

[810] Friedrich Wilhelm II., König von Preußen, geb. 25. Sept. 1744, Neffe und Thronfolger Friedrichs II., regierte von 1786–97, ein sinnlicher Fürst, aber Gegner von Friedrichs II. Grundsätzen in religiöser Hinsicht (das von Wöllner verfaßte, am 9. Juli 1788 erlassene Religionsedict), unter welchem die innere Entwicklung nicht weiter gedieh und die äußere Politik Preußens in den Ruf der Perfidie kam. Im J. 1787 setzte er den von den sog. Patrioten vertriebenen Erbstatthalter von Holland, seinen Schwager, durch ein Heer unter dem Herzoge von Braunschweig wieder ein, wovon jedoch Preußen keinen Vortheil hatte; als die Polen sich eine neue Verfassung gaben, um der innern Zerrüttung [810] ihres Vaterlandes Schranken zu setzen, sicherte ihnen der König den 20. März 1790 ausdrücklich seinen Schutz zu, half aber dessenungeachtet 1793 Polen zum zweitenmale u. 1795 zum drittenmale theilen. Während des österreich.-russ. Krieges gegen die Türken bedrohte er Oesterreich, setzte seine feindselige Politik gegen dasselbe auch während des belg. Aufstandes fort, verbündete sich jedoch mit demselben nach dem Ausbruche der franz. Revolution (Pillnitzer Vertrag 1791). Der Einfall in Frankreich 1792 endigte bekanntlich durch den Rückzug aus der Champagne, der einem geheimen Uebereinkommen mit Dumouriez zufolge von den Franzosen nicht beunruhigt wurde, die sich dann auf die bloßgestellten Oesterreicher an der niederländ. Gränze stürzten. Von dieser Zeit an führte er den Krieg gegen die Franzosen mit möglicher Lauheit und verließ endlich Oesterreich und das süd-westl. Deutschland den 5. August 1795 im Basler Frieden, in dessen geheimen Bedingungen er Frankreich das ganze linke Rheinufer überließ und Preußen dafür das Bisthum Münster und andere Reichsländer in Norddeutschland ausbedingte. Er st. 1797, nachdem er Preußen durch das ererbte Anspach u. Bayreuth u. das poln. Beutestück vergrößert hatte, hinterließ aber zerrüttete Finanzen und ein demoralisirtes Heer und Volk.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 2, S. 810-811.
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