Gallien

[12] Gallien, lat. Gallia, Wohnsitz der Gallier, des celtischen Hauptvolkes (vgl. Celten), umfaßte Frankreich, Belgien, seit dem 4. Jahrh. v. Chr. auch Oberitalien bis an die Etsch, wohin Insubrer, Cenomanen, Bojer, Lingonen und Sennonen eingewandert waren. Das italien., cisalpin. G., in G. transpadana und G. cispadana (G. jenseits und diesseits des Po) eingetheilt, wurde in der Zeit zwischen dem 1. u. 2. punischen Kriege (225–218 v. Chr.) von den Römern unterworfen u. nach dem 2. pun. Kriege durch Colonien vollständig romanisirt, daher G. togata genannt. In dem transalpin. od. eigentlichen G. eroberten die Römer zuerst das untere Rhonethal u. machten es 121 zur Provinz (Provincia, Provence; G. braccata oder comata hieß es von den Hosen u. den langen Haaren der Bewohner), das große G. unterwarf Cäsar von 58–51 v. Chr. in blutigen Feldzügen. Unter den röm. Kaisern war G. eingetheilt 1) Aquitania, das Land zwischen Pyrenäen, Loire u. Sevennen; 2) G. Lugdunensis, zwischen Loire, Seine, Marne, Saône, Rhone mit der Hauptstadt Lugdunum (Lyon); 3) G. Narbonensis, die Provence; 4) G. belgica, von Maas u. Seine über den Jura bis an die Alpen; 5) das Land am linken Ufer des Mittel- und Oberrheins hieß Germania inferior und superior (Ober- und Niederdeutschland), war durch die Mosel getheilt. Schon vor der Unterwerfung G.s durch Cäsar war es ein stark bewohntes, gut angebautes Land, von einer Menge kleiner gallischer Stämme, die im Westen mit Iberern, im Osten mit Germanen gemischt waren, bewohnt, die mit einander in häufiger Fehde lebten. Es hatte sich eine sehr drückende Aristokratie u. eine wohlgeordnete Priesterschaft (s. Druiden) ausgebildet; letztere [12] ging unter der röm. Herrschaft unter. G. war die stärkste, einträglichste und durch ihre Lage wichtigste Provinz seit Cäsar; die meisten Kaiser wurden von den gall. Legionen erwählt u. durchgesetzt. Mit dem 3. Jahrh. begannen die Einfälle der Germanen; Alanen, Vandalen, Sueven zogen durch nach Spanien, Westgothen, Burgunder, Alemannen, Franken ließen sich nieder, bis endlich die Franken (s. d.) sich des größten Theils des alten G. bemächtigten.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 12-13.
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