Gasbeleuchtung

[22] Gasbeleuchtung. Als man durch Lavoisier u.a. den Verbrennungsprozeß kennen lernte, mußte man bald auf den Gedanken kommen, das bei dem Verkohlen der Brennmaterialien verloren gehende Kohlenwasserstoffgas zu benutzen; Lampadius in Deutschland, Lebon in Frankreich u.a. machten Versuche, ein Deutscher in London aber, Winzer (Winsor) führte mit engl. Ingenieurs und engl. Gelde die Idee im Großen aus; 1815 war London mit Gasflammen beleuchtet und nach und nach wurden es allmälig alle bedeutenden Städte Europas. Das benutzte Gas ist Kohlenwasserstoffgas, das gewöhnlich aus zerkleinerten Steinkohlen bereitet wird, die in gußeisernen Retorten geglüht werden; bei diesem Vorgange entbindet sich das brennbare Gas, zugleich aber Theer-, Wasser- und Ammoniakdampf nebst [22] Schwefelsäure; das Gas wird deßwegen zuerst durch 2 Wasserbehälter geleitet, in welchen sich Theer- und Ammoniak absetzt, hierauf in einen Behälter mit Kalkmilch, wo es die unverbrennliche Kohlensäure u. das Schwefelwasserstoffgas abgibt. Hierauf kommt es in den Gasometer, einen ungeheuren Blechkasten, der umgekehrt in einen Wasserbehälter gestürzt ist; das Gas tritt unter den Kasten, sammelt sich oberhalb des Wassers und hebt den Kasten bis zu einer bestimmten Höhe, während durch den Druck des Wassers das angesammelte Gas in die Hauptröhren geführt wird, aus welchen es in die einzelnen Röhren nach seinem Bestimmungsorte geleitet wird. Der Ausgang der Röhre, wo die Verbrennung des Gases vor sich gehen soll, ist mit einem Hahnen versehen, damit man die Stärke der Flamme in seiner Gewalt hat. – Außer Steinkohlen bereitet man Leuchtgas aus Oel, Thran, Harz und Torf, auch aus Holz; bisher ist jedoch Steinkohle als das brauchbarste Material erprobt worden, sowohl wegen ihrer Wohlfeilheit und der Leichtigkeit der Darstellung des Gases, als auch weil die geglühten Kohlen (Koaks) noch ein gutes Brennmaterial abgeben; auch die anderen ausgeschiedenen Stoffe versteht man technisch zu benutzen.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 22-23.
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