Jesuitencollegien

[481] Jesuitencollegien oder –schulen, kamen mit dem Orden selbst auf, da Unterricht ein Hauptzweck desselben war und schon Lainez richtig erkannte, daß es keineswegs genüge, die Lehrstühle der Universitäten zu besetzen, sondern daß man den untern Grammatikalclassen besondere Aufmerksamkeit schenken, folglich Schulen gründen müsse, in welchen die Anfangsgründe u. alle Zweige der Wissenschaft gelehrt u. auch solche Zöglinge aufgenommen würden, von denen der Eintritt in den Orden niemals zu erwarten stünde. In Deutschland führte Canisius als Rector der Universität Ingolstadt die Disputierübungen (s. Disputation) wieder ein und durch die Jesuiten wurde Ingolstadt zu einem kathol. Wittenberg oder Genf, durch ihn ferner in Wien 1554 ein Karmeliterkloster (jetzt das Hofkriegsrathsgebäude) zu einem J., nachdem schon 1561 zu Tyrnau, Prag, Trier u.s.f. solche gegründet worden waren, sich allenthalben verbreiteten und rasch solchen Ruf gewannen, daß selbst Protestanten ihre Kinder hineinschickten. Aquaviva (s. d.) ließ durch eine aus 7 Vätern verschiedener Nationen bestehende Commission seit 1584 einen Studienplan für [481] die J. entwerfen, der 1599 als »Ratio et institutio studiorum societatis Jesu« veröffentlicht wurde u. noch heute als ein Meisterwerk und als Norm der J. gilt. Die Jesuiten betrachteten Frömmigkeit, Kenntnisse u. Kunst der Rede als die vornehmsten Erziehungszwecke. Die Frömmigkeit wurde durch die Katechismen des Canisius u. eine vortreffliche Schulzucht gefördert. als Grundlage aller Kenntnisse das Studium der alten Sprachen betrachtet, so daß es Hauptgegenstand der sog. studia inferiora, niedern Studien war (wobei man übrigens die Erwerbung eines guten latein. Styles als Hauptsache behandelte), die Beredsamkeit durch ausgedehntes Studium der Rhetorik und schönen Literatur gepflegt. Im philosophischen und theologischen Cursus begannen die höhern Studien, studia superiora, welche außer der Philosophie, die sachgemäß als Dienstmagd der Theologie untergeordnet wurde, vor allem Theologie und exacte Wissenschaften: Mathematik, Astronomie, Physik u. dgl. in sich begriffen. Berühmte Schriftsteller und Lehrer gingen aus den J. hervor; die Namen der Jesuiten Petavius, Sirmond, Tursellin, Bellarmin, Balde, Mariana, Fléchier, Boskowich u.a. sind selbst bei Protestanten heute noch geachtet. Seit der Wiederherstellung des Jesuitenordens wurde das J. zu Freiburg i. d. Schw. eines der besuchtesten. 1847 aber geleert und aufgehoben.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 481-482.
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