Mathematik

[122] Mathematik, ist die Lehre von der Bestimmung und Berechnung der verschiedenen Arten der Größen: Größen der Zahl, des Raumes od. der Zeit. Man unterscheidet die reine und die angewandte M. Die reine M. behandelt die Größenverhältnisse an sich, ohne weitere Beziehung auf andere Dinge, und besteht in Arithmetik nebst Algebra als Lehre von den Zahlengrößen, u. in Geometrie als Lehre von den Raumgrößen. Die angewandte M., d.h. die Anwendung der M. auf andere Wissenschaften und Künste, zerfällt in physische M. und technische M. Die physische angewandte M. umfaßt die physikalischen Wissenschaften, als Mechanik, Dynamik, Statik, Hydraulik, Hydrostatik. Aërostatik, Optik, Dioptrik, Katoptrik, Perspective etc., endlich die Astronomie. Die technische M. begreift die bürgerliche Rechenkunst (mercantile, politische), die praktische Geometrie, die praktische Mechanik oder Maschinenlehre; ferner den mathematischen Theil der Baukunst, der Kriegswissenschaften, der Nautik. Die M. bietet in allen ihren Lehren eine Sicherheit und Gewißheit, wie sie in keiner andern Wissenschaft möglich ist, daher der Ausdruck »mathematische Gewißheit« soviel als absolute Gewißheit. – Die erste Ausbildung erhielt die M. durch die Griechen, besonders brachten sie die Raumlehre, die Geometrie, zu hoher Vollendung (Euklid. Archimed, Apollonius von Perga); nicht gleichen Schritt mit der Geometrie hielt die Zahlenlehre. Diese, die Arithmetik und Algebra, verdanken wir hauptsächlich den Arabern, welche die von den Griechen ihnen überlieferte M. eifrig betrieben u. nach Spanien verpflanzten. Ihre höhere Ausbildung erhielt die Zahlenlehre im 16. Jahrh. in Deutschland und Italien (Johann v. Gmünden, Regiomontanus, Tartaglia, Cardanus, Nunnez, Byrgius etc.). Endlich erfand Napier die Logarithmen, Descartes die analytische Geometrie, Newton und Leibniz die Infinitesimalrechnung. Von da an erreichte die M. eine vorher ungeahnte Höhe u. Ausdehnung und einen mächtigen Einfluß auf Leben und Wissenschaft, besonders durch Galilei, Pascal, Cassini, Huyghens, Halley, die Bernoulli, Euler, Maclaurin, Tob. Mayer, Hindenburg, Laplace, Lagrange, Gauß etc.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1856, Band 4, S. 122.
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