Mathematik

[334] Mathematik, die Lehre von den Eigenschaften der Größen und von den Gesetzen ihrer Verbindung.

Auf dem internationalen Mathematikerkongreß zu Paris 1889 wurde folgende Einteilung der Mathematik aufgestellt: Algebra (Gleichungstheorie mit der Lehre von den Substitutionsgruppen). Determinanten- und Invariantentheorie nebst Vektorenrechnung. Differential- und Integralrechnung. Allgemeine Funktionentheorie. Bestimmte Integrale und Gammafunktionen. Elliptische Funktionen. Abelsche und automorphe Funktionen. Differenzen- und Differentialgleichungen. Arithmetik und Zahlentheorie. Kombinationslehre mit Wahrscheinlichkeitsrechnung, Variationsrechnung und Theorie der Transformationsgruppen. Elementargeometrie. Kegelschnitte und Flächen zweiten Grads. Allgemeine Kurven- und Flächentheorie. Liniengeometrie und abzählende Geometrie. Differentialgeometrie und kinematische Geometrie. Transformationen und Verwandtschaften. Nichteuklidische Geometrie und Topologie.

Dieser reinen Mathematik steht die angewandte, bestehend aus: Wahrscheinlichkeitsrechnung numerischem Rechnen, graphischem und geometrischem Kalkül, Zeichenfächern, Kristallographie, Mechanik, mathematischer Physik, Astronomie, Geodäsie, Geophysik, Meteorologie, mathematischer Chemie, technischer Statik und Dynamik, Hydraulik, Elektrotechnik und Instrumentenkunde gegenüber.

Die heutige Mathematik baut sich im wesentlichen auf der Geometrie der alten Griechen, auf (Euklides); indes besaßen bereits die Inder, Chaldäer und Aegypter Kenntnisse in Mathematik. Die Araber bildeten namentlich die Algebra aus. Leibniz erfand um 1700 die Differentialrechnung. Hervorragende Mathematiker sind ferner im 17. Jahrhundert: Descartes, Newton; im 18. Jahrhundert: Jakob und Johann Bernoulli, Euler, Lagrange, Monge, im 19. Jahrhundert: Abel, Brioschi, Cauchy, Cayley, Chasles, Clebsch, Cremona, Darboux, Dirichlet, Galois, Gauß, Graßmann, Hamilton, Hesse, Hilbert, Jacobi, Klein, Kronecker, Lie, Liouville, Plücker, Poncelet, Riemann, v. Staudt, Steiner, Sylvester, Weierstraß. Im 19. Jahrhundert wurden hauptsächlich die Gebiete der Funktionentheorie, Mengenlehre, Invariantentheorie, Zahlentheorie, der höheren algebraischen Kurven- und Flächentheorie und der Differentialgleichungen aufgebaut, während andere, wie Variationsrechnung, Reihentheorie, transzendente Kurven, mehr vernachlässigt wurden. Vor kurzem stand die Gruppentheorie im Brennpunkt des allgemeinen Interesses, während neuerdings die höhere Arithmetik bestrebt ist, alle Zweige der Mathematik zu durchdringen. Gegenwärtig herrscht das Bestreben, die Resultate der Wissenschaft zusammenzustellen und auf Grund von allgemeinen Gesichtspunkten miteinander in Verbindung zu bringen.


Literatur: Enzyklopädische Werke über Mathematik sind: [1] Schlömilch, O., Handbuch der Mathematik, I und II, Breslau 1879–81. – [2] Kleyer, Encyklopädie der gesamten math., techn. und exakten Naturwissenschaften, Heft 1–1372, Stuttgart 1884–97. – [3] Carr, A., Synopsis of elementary results in pure mathematics, London 1886. – [4] Hagen, J.G., Synopsis der höheren Mathematik, Bd. 1, Arithm. und algebr. Analyse, Berlin 1891, Bd. 2, Geometrie der algebr. Gebilde, Berlin 1894, Bd. 3. – [5] Encyklopädie der mathematischen Wissenschaften, herausg. von Fr. Meyer und H. Burkhardt, Bd. 1, Leipzig; Bd. 2–6 im Erscheinen begriffen. – [6] Pascal, E., Repertorium der höheren Mathematik, I-II, Leipzig 1900–02. – Geschichtliche Werke sind: [7] Cantor, M., Vorlesungen über Geschichte der Mathematik, Bd. 1–3, 1, Leipzig 1892–94. – [8] Suter, Geschichte der mathematischen Wissenschaften, I u. II, Zürich 1873–75. – [9] Montucla, Histoire des mathématiques et physiques, 1–4, 2. Aufl., Paris 1800–02. – [10] Marie, M., Histoire des sciences mathématiques et physiques, 1–12, Paris 1883–87. – Die nichtperiodische mathematische Literatur des 19. Jahrhunderts enthält [11] Wölffing, E., Mathematischer Bücherschatz, I, Leipzig 1903.

Wölffing.

Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 6 Stuttgart, Leipzig 1908., S. 334.
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