Kartoffel

[560] Kartoffel (solanum tuberosum), eine zur Familie der Nachtschatten gehörige, aus dem gemäßigten Amerika stammende Pflanze mit rankenartigen Wurzeln, an denen sich zahlreiche Knollen ausbilden, die reif hauptsächlich aus Wasser und Stärkemehl, außerdem aus wenig Eiweiß, einem schleimartigen Stoff etc. und Solanin bestehen, welches Gift sich aber beim Kochen verflüchtigt. Wegen ihres Stärkemehls sind sie eine nahrhafte Speise, als Hauptnahrung aber und ohne Zugabe von reizender und besonders animalischer Nahrung, bewirken sie Schlaffheit des Körpers, Krankheiten der Drüsen und des Unterleibs. Man bereitet aus ihnen auch Stärke, Branntwein, Essig und Syrup und benutzt sie als Viehfutter. Wegen ihres leichten Anbaues und ihrer Ergiebigkeit sind sie für Europa (mit Ausnahme der Südländer) zur hauptsächlichsten Nahrungspflanze geworden, daher die 1845 eingetretene Erkrankung der Pflanze, deren Wesen noch durchaus nicht erklärt ist, eine sehr große Störung in den Nahrungsverhältnissen hervorbrachte. Ohne Zweifel haben sie die Spanier zuerst nach Europa gebracht. obwohl sie dieselben (wie noch heutzutage in Spanien geschieht) nicht viel anbauten; von Spanien kamen sie nach Belgien, von wo sie 1588 der Botaniker Clusius in Wien erhielt. Der eigentliche Anbau ging von England und Irland aus; der Sklavenhändler Hawkins brachte sie 1565 aus Peru nach Irland. Drake 1585 und Raleigh 1623 aus Virginien nach England; in das sächs. Voigtland kamen sie 1647, ihr Anbau verbreitete sich jedoch erst 1717 durch den General Milkau. Um dieselbe Zeit wurden sie in Württemberg bekannt und verbreiteten sich von da an den Rhein; der Anbau im Großen begann jedoch erst nach der Noth des 7jährigen Krieges und der Theuerung von 1772. Vgl. Erdapfel.

Quelle:
Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1855, Band 3, S. 560.
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